III. Chirurgie und Ophthalmologie. 55
wurde nervös-putrid. Es wurden Mineralsäuren und auf die
Wunde aromatische Umschläge verordnet, die Hefte gelöst
und in das mit Eiter infiltrirte Zellgewebe Einschnitte gemacht.
Die nervösen Erscheinungen nahmen zu, Campher mit Opium
blieb erfolglos, die Respiration wurde selten und unregelmäs
sig, der Puls fadenförmig und am 8. Tage nach der Ver
letzung erfolgte der Tod durch Lungenlähmung. — Bei der
Section zeigten sich der Malleolus externm in schiefer Rich
tung zersplittert und der Processus slyloideus des innern Knö
chels abgebrochen. Das Zellgew ebe auf der innern Seite des
Unterschenkels war stellenweise mit Eiter und mit Brand
jauche infiltrirt, die ßeinhaut bis in die Mitte der Tibia auf
gelockert und geröthet, die Gelenkkapsel entzündet; am Ober
schenkel enthielt das Unterhautzellgewebe seröse Infiltrationen.
[Rusfs Mag uz. j. d. ges. Heilk. Bd. 55. Hft. 2.]
21. Fr actura cruris, G angraena. (Aus dem
Jahresberichte über das Charite-Krankenhaus zu Berlin vom
Jahre 1836; mitgetheilt von Dr. Rüpp). Ein 25jähriger, ge
sunder Müllergesell wurde von einem herabrollenden Mühlen
steine umgewurfen, welcher über die Mitte des rechten Un
terschenkels hinsiürzte. Einige Stunden darauf kam Pat. in die
Charite. Der Fuss, Unter- und Oberschenkel waren bedeutend
angeschwollen, am Unterschenkel bedeutende Sugillationen,
die Temperatur des Fusses und Unterschenkels war sehr er
höht und bei Berührung des letzten empfand Pat. sehr heftige
Schmerzen. Die Knochen des Unterschenkels Hessen sich der
bedeutenden Geschwulst wegen nicht ganz verfolgen, doch
fühlte man deutlich abnorme Beweglichkeit und Crepitation.
Es war also Fractura cruris cnmplcta nach der enormen Ge-
schwulst, den starken Sugillationen und der heftigen Gewalt
aber, welche die Verletzung hervorgebracht hatte, musste man
annehmen, dass es Splitterbruch sei, mit Zerreissung der
Weichgebilde und mehrerer Gefässe, durch deren Erguss sich
besonders die schnelle und bedeutende Anschwellung erklären
liess. — Nach sorgfältiger Reposition und Coaptation der
Knochenenden wurden 20 Blutegel an den sicher und bequem
gelagerten Unterschenkel gesetzt, auf letztem Eisblasen ge
legt und ein kräftiges Laxans salinum gereicht. Gegen
Abend stellte sich sehr starker Frostanfall ein, der sich noch
mehrmals wiederholte; während der Nacht war Pat. sehr
unruhig, ängstlich und schlaflos. Am folgenden Morgen war
das Gesicht verfallen und das Bewusstsein nicht völlig frei;
der Unterschenkel war noch mehr angeschwollen, und so wie
das Knie unleidlich heiss, im Fusse und in den Zehen aber
war die Temperatur vermindert. Pat. fieberte lebhaft und