450 I. Pathologie, Therapie und mediciuische Klinik.
minthiasis und Nervenschwäche gerichtete ärztliche Behandlung
auf den Verlauf dieses Uebels sichtlichen Einfluss geäussert
hätte. — Als St. Pat. im Jan. 1838 zuerst in diesem Zustande
sah, war er seit etwa einem Jahre von solchen Anfällen frei
gewesen; doch klag',*' er nicht selten über Unwohlsein, beson
ders Kopfschmerz und Müdigkeit. Bei lebhaftem Temperamente
war er häufig schläfrig und übelgelaunt, was man aber, da
ausser auffallend blassem Gesichte, nichts Krankhaftes an ihm,
bemerkt wurde, dem schnellen Wachsthume und der Pubertäts
entwickelung zuschrieb. Für sein Alter war er gross und
schlank. Seine Geistesfähigkeiten waren nicht ungewöhnlich,
noch war eine besondere Richtung des Gefühls und der Phan
tasie bemerkbar; die genauesten Nachforschungen ergaben durch
aus keinen Verdacht auf unsittliche Handlungen. — Von sei
nem frühem somnambulen Zustande, besonders von der Fähig
keit bei geschlossenen Augen zu sehen, hatte St. bereits*Meh-
reres gehört, und beobachtete daher die Anfälle vom Anfang
bis zu Ende um so genauer. Der Anfall trat meistens am
Abend, bisweilen auch Morgens ein und kündigte sich immer
durch Kopfschmerz in der Stirngegend an, welcher Pat. nöthigte,
sich still hinzusetzen, worauf sich unüberwindliche Schläfrig
keit einfand. Nichts vermochte Pat. dann wach zu halten.
Hatte er die Augen einmal geschlossen und war er im Schlafe,
was unversehens schnell geschah, so war es weder möglich
noch räthlich, ihn zu wecken; denn wenn man dies versuchte,
so verschlimmerte sich das Uebel, indem Pat. in heftige Auf-
, reguug gerieth und die dem Anfalle folgenden Erscheinungen
von allgemeiner Abspannung und Ermüdung um so stärker
waren. Liess man ihn in Ruhe, so war er Anfangs ruhig,
wie ein Schlafender, beim geringsten Geräusche aber richtete
er sich plötzlich auf und horchte, was bisweilen auch ohne
äussere Veranlassung geschah, dann stand er auf, und ging
nach der verschlossenen Thüre. Hörte er etwas draussen, so
versuchte er jeue mit Gewalt zu öffnen; da dies aber nic[)t ge
lang, ging er heftig auf die Fenster los und stieg auf einen
Stuhl um alle Riegel zu öffnen; aber auch diese waren, so
wie alle Schränke verschlossen. Sobald er Geräusch von Schlüs
seln vernahm, stürzte er darauf los, um sie zu erhaschen; eben
so schien er auch alle metallene Geräthschaften, besonders Mes
ser aufzusuchen. Kam der Anfall während der Tisch gedeckt
war, so konnte man Messer und Gabeln nicht schnell genug
entfernen; doch hat Pat. das Messer nie gegen sich oder An
dere gemissbraucht. Einmal, als der Anfall unbemerkt gekom
men war, fand man Pat. auf seinem Schlafzimmer im Bette
liegend mit einem Federmesser in der Hand, an welchem sich
Klingen befanden, die sämmtlich geöffnet waren. Wahr
scheinlich hängt dies mit der Gewohnheit zusammen, sich viel