I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik,‘ 3
der gewöhnlichen Temperatur des Krätzzimmers der erwähnten
Behandlung ohne irgend eine Abänderung unterworfen, nur
zog man ihm unter die wollene Bekleidung ein leinenes Hemde,
Die Einreibungen mit der englischen Salbe erzeugten keinen nach-
theiligen Hautreiz und die Amme gab an, dass die zweite Nacht,
welche sie mit dem Kinde im Krätzzimmer zugebracht habe, die
ruhigste gewesen sei, die das Kind seit Wochen gehabt habe,
Auch in Heilung der Krätzgeschwüre bewährte sich die Behandlung
wie früher und es heilten dieselben bei einem am 23. Mai auf-
genommenen 10jährigen Mädchen, das viele Geschwüre an den
Hinterbacken hatte und deren Hände mit dicken Krusten, unter
denen sich eiternde Geschwüre fanden, bedeckt waren, nach-
dem sie zwei Tage der Krätzcur unterworfen gewesen, ohne
Weiteres. Ein merkwürdiges Beispiel gab auch ein 63jähriger
Tagelöhner, der am ], Aug. ins Krankenhaus kam. Derselbe
war in den kümmerlichsten Umständen, da er, bereits lange
an Krätze leidend, seit Monaten so viele Krätzgeschwüre, be-
sonders an den Unterschenkeln bis zu dem Fussrücken herab,
hatte, dass Pat., wegen der dadurch veranlassten schmerzhaf-
ten Spannung weder stehen, noch gehen konnte und dass man
ihn in einem Tragkorbe ins Krätzzimmer schaffen musste. Nach
3 Tagen wurde er aus demselben entlassen. Alle Krusten
waren abgelöst und überall reine Geschwürflächen zu sehen.
Leicht und ohne Schmerzen konnte Pat. wieder umhergehen
und sich im den Krankensaal im obern Stockwerke begeben,
wo man ihn, wegen der zu Hause ihm ganz mangelnden
Pflege, noch einige Tage behielt. Die wunden Hautstellen
wurden hier oft mit dünnem Haferschleime befeuchtet und mit
in denselben getauchten Leinen bedeckt, worauf, ohne irgend
andere innere oder äussere Mittel, alle bald vernarbten und der
Alte geheilt entlassen werden konnte. Er ging seiner Arbeit
wieder nach und als ihn V. nach 10 Monaten nochmals unter=
suchte , sah man weder etwas von Krätze noch ein Geschwür,
Da das Stadtkrankenhaus zu Osnabrück nicht hioreichendes
Vermögen besitzt, um Kranke unentgeltlich aufzunehmen, so
müssen durchaus für jeden der dort behandelten Kranken die
täglichen Verpflegungsgelder bezahlt werden und zwar ge-
schieht dies, wenn es nicht aus eigenen Mitteln geschieht,
von Behörden, Wohlthätigkeitsanstalten etc. Sollten nun
wohl diese Behörden und Corporationen jährlich dem Kran-
kenhause ihre Krätzigen wieder zuweisen und auf ihre Ko-
sten dort heilen lassen, wenn sie mit der eingeführten Be-
handlung nicht zufrieden zu sein Ursache hätten und sollte nicht
ein gleicher Grund so ‘viele veranlassen, gegen Selbstzahlung
Heilung von der Krätze im Krankenhause zu suchen. Unter
Letzteren befinden sich immer noch viele Handwerksgesellen,
die oft aus weiter Ferne mit der Krätze nach Osnabrück kom-