I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik, 67
Puls vollz Pat, hatte grossen Durst und seit zwei Tagen kei-
nen Stuhlgang. KR. erkannte das Leiden für Glossitis, machte
einen Aderlass am Arme, legte ein Vesicator um den Hals und
machte schleimige Injectionen — allein ohne Erfolg. R, ent-
schloss sich daher, Einschnitte in die Zunge zu machen, und
im Begriff dies zu thun, entdeckte er den Ductus Bartho-
Zinianus rechter Seits der Zunge sehr erweitert und bei nähe-
rer Untersuchung in demselben ein ziemlich feststeckendes
Speichelsteinchen. Mittelst einer Pincette dilatirte R. den
Gang, fasste dann mit derselben das Steinchen und zog es
aus, Als R. zwei Stunden nachher den Pat. wieder besuchte,
kam dieser ihm freundlich entgegen und sprach wieder ganz
vernehmlich, die Geschwulst der Zunge hatte schon bedeutend
abgenommen und ohne Arzneien war die Anschwellung nach
drei Tagen völlig gehoben, Da diese Glossitis blos durch den
Reiz des Speichelsteinchens entstand und unterhalten wurde , so
hätten Einschnitte gewiss mehr Schaden als Nutzen gebracht,
und R. glaubt, dass solche steinigte Concremente in den Spei-
chelgängen nicht selten der Glossitis zu Grunde liegen, daher
es rathsam ist hierauf Bedacht zu nehmen, bevor man Einschuitte
macht. [Med, Corresp.-Bl. d. würt, ärztl. Vereins. Bd, VIII.
Nr. 33.)
31. Syphilitische Buccitis, geheilt durch Be-
rücksichtigung der Sympathie zwischen dem Hal-
se und den Geschlechtstheilen; von Dr. AvnovAarD.
Ein 73jähriger Mann, noch immer der Liebe ergeben, bekam
zu Ende 1835 Geschwüre auf der innern Seite der Vorhaut,
Da zugleich Vegetationen und geschwürige Risse um den Rand
des Afters vorhanden waren, so erklärte sie sein Arzt für sy-
philitisch. Alle diese Zufälle wichen ziemlich schnell der Cau-
terisation und einer wiederholten Anwendung der Mercurialsalbe.
Bald aber zeigte sich ein herpetischer Ausschlag auf der innern
Handfläche und am Hinterhaupte, und nicht lange darauf ent-
stand ziemlich starke Entzündung der hinteren Theile des Mun-
des, so dass das Schlucken sehr gehindert war. Der Arzt
musste diese Erscheinungen für Folge einer neuen oder frühern
syphilitischen Ansteckung halten, empfahl den schweisstrei-
benden Syrup mit Zusatz von 4 Gran Sublimat auf jede Fla-
sche und verordnete Schwefelbäder, Die Krankheit wurde ge-
mildert , aber nicht geheilt und der Winter verging , ohne dass
das Halsübel wegzubringen war. Der herpetische Ausschlag
allein schien sich zu verlieren. Es waren 3 Flaschen von dem
Syrup und 6 Schwefelbäder angewendet worden. Jetzt wurden
erweichende Umschläge um den Hals gelegt und schleimige
Getränke empfohlen, So fand A. im Mai 1836 den Mann,
den er als Freund besuchte, und schlug ihm vor, mit seinem
Arzte eine Consultation zu halten, Ueber die Natur der Krank-
5%