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N. Chirurgie und Ophthalmologie,
um, und zwar bei eintretender Winterkälte, bedeutender. als
sonst, bekam vollständige Heiserkeit, lebhafte Stiche in der
Brust rechts neben dem Brustbeine, deutliches Fieber, und warf
bei quälendem Husterf eine reichliche Menge Blut aus. Ader-
lass, Darreichung des Salpeters mit dem Brechweinsteine nebst
karger Nahrung führten biunen einigen Tagen zu sichtlicher
Besserung. Das Fieber und die Brustschmerzen wichen, die
Heiserkeit aber zog sich noch über acht Tage hin, und das
Blutspeien kehrte öfters wieder. Drei Wochen nach dem er-
sten Erkranken wurde auch der stechende Schmerz unter der
rechten Brust wieder rege und der Auswurf stärker mit Blut
gemischt, Der Kranke legte sich am Abende ungewöhnlich
muthlos nieder. Am folgenden Morgen genoss er eine dicke
Mehlsuppe, welche kurz darauf bei einem Hustenanfalle ausge-
brochen wurde. Jetzt fühlte er etwas Hartes im Munde, griff
hinein und zog eine Tuchnadel aus demselben hervor, Schmerz
in der Brust, Husten und Blutauswurf hörten von jetzt an völ-
lig auf und der Mann bekam binnen wenigen Tagen ein mun-
teres Ansehen. Er erinnerte sich folgender Umstände: Als
er die Brustkrankheit bekam, hatte er Nachts zuvor ein wol-
lenes Tuch um den Hals geschlungen und dasselbe vorn mit
der Tuchnadel befestigen wollen; beim Kuüpfen des Tuchs
hatte er die Nadel in den Mund genommen und war dann,
ohne sie einzustecken, vom Schlafe überwältigt worden. Am
nächsten Morgen hatte er die Nadel vermisst, Diese war zwei
Zoll dang und mit einem goldenen Knopfe von der Grösse einer
starken Erbse versehen. — Das Zusammentreffen der Er-
krankung und des Aufhörens der Leiden mit dem Verschwin-
den und Wiederkommen der Nadel macht es wahrscheinlich,
dass sie in dem rechten Aste der Lufröhre gesteckt habe, um
so mehr, als man viele Beispiele von unvermerktem Versinken
harter Körper in die Luftröhre hat, und es eben so erwiesen
ist, dass sich solche Körper lange und mit nachlassenden Be-
schwerden in den Luftwegen aufhalten können. Boyer weint,
88 könne ein jeder Körper durch die Stimmritze schlüpfen, des-
sen Durchmesser nicht über 10 Pariser Linien betrage, Der
Kuopf der erwähnten Tuchnadel hat 21 Linien Durchmesser.
[Med, Zeit. v. Vereine f. Heilk. in Pr. 1838. Nr. 7.]
23. Zerreissung des schlanken Schenkelmus-
kels (M. gracilis) der rechten Seite;: vom Batail-
lonsarzt Dr. Brunzzow in Brandenburg an d. H. Ein Lieu-
tenant, mager, aber von strafler Muskulatur, befand sich im
vergangenen Winter auf einem Balle, tanzte daselbst sehr leb-
haft, und als er beim Schnellwalzer den rechten, etwas flectir-
ten Schenkel extendiren und die Fussspitze desselben auf den
Fussboden und nach aussen setzen wollte, glitt dieselbe mil
grosser Schnelligkeit nach aussen ab, worauf der junge Mann