II, Materia medica und Toxikologie, 405
Zahn und fixirt sich in demselben, G. hat mehrere so Erkrankte
behandelt, die 2—3 zum Theil gesunde Zähne geopfert hatten,
ohne auch nur einen Augenblick Ruhe zu bekommen. Das Cro-
tonöl half auf der Stelle. — Dieser ausserordentliche Erfolg
veranlasste den Verf, das Crotganöl auch bei der nicht minder
häufig vorkommenden Otalgie anzuwenden; da ihm auch in die=
sem Uebel sehr häufig der ursprüngliche Sitz des Schmerzes in
den Nerven des Olhres und zwar vorzugsweise in der Chorda
tympani und den Nervis meatus auditorii superior et inferior
zu seyn scheint. Und warum sollte sich in der Hülle dieser
Nerven nicht ein ganz ähnlicher Krankheitsprocess entwickeln
können, wie er so oft in den Zahnnerven vorkommt? Durch
Verbindung mit dem Ramus lingualis und N, meatus audi-
tor inferior rami tertü paris quinti gehört ja die Chorda
tympani gewissermaassen zu dem Nervenstamme, der so grosse
Neigung hat, neuralgisch zu erkranken, Nach dem Verf, ist
daher der Sitz dieses Uebels auch hier zuerst im Nerven selbst
zu suchen und später erst übernehmen der Schleimhautüberzug
des. Gehörgangs und die demselben zunächstliegenden Theile
den Krankheitsprocess, der sich dann erst als Otitis gestaltet,
wenu man entweder zu spät Hülfe suchte, oder, was vielleicht
eben so häufig vorkommt, weil bei Behandlung des für rheu-
matisch, catarrhalisch, scrophulös etc. gehaltenen Falles, unge-
achtet der Blutegel, Vesicatore etc., die Ableitung doch nicht
schnell genug vor sich geht, um die eigenthümliche Nervenaf-
fecıion, von Grund aus zu heben, Währte daher das Uebel
schon mehrere Tage fort, so geht die Otalgie ins zweite Sta«
dium, die nun folgende Otüis externa, oder, je nach dem Sitze
des Uebels, Otitis interna über; die reissenden, schiessenden,
bohrenden Schmerzen lassen nach und diese werden nun pres«
sender, drückender, stechender Art, weil nun mit jeder Minnte
der Blutzufluss nach dem leidenden Auge steigt. Es entsteht
Sausen und Brausen vor dem Ohre und die Schleimhaut lockert
sich immer mehr auf, bis endlich unter nachlassenden Schmer-
zen und Fieberbewegungen gewöhnlich plötzlich der Ausfluss
Iymphatischer oder auch eiterartiger Flüssigkeit erfolgt. Das
sicherste Mittel, diesen Uebergang der Otalgie in Otitis zu ver-
hüten, ist nach der Ueberzeugung des Verf,, die er nach viel-
fältiger Erfahrung erlangte, das Crotonül, dessen herrliche Wir-
kung er auch bei diesem Uebel nicht genug loben kann. Un-
ter den vielen Fällen, die G. seit drei Jahren mit dem Croton-
öle behandelte, kam es keinem einzigen zur Otorrhöe, obwohl
das Uebel oft schon 2 oder mehr Tage gewährt hatte und selbst
wenn das dritte Stadium, das Stadium des Ausflusses, die Otor-
rhöe schon eingetreten war, was besonders bei Kindern vor-
kommt, wo das Uebel meist dann erst erkannt wird, wenn der
Ausfluss beginnt, liess sich die vortheilhafte Wirkung des vor,