I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 335
mann in selbst geschaffenen glücklichen Verhältnissen, unver-
heirathet, hatte als Knabe an Krätze und in der Pubertätszeit
an häufigen Saamenverlusten gelitten. Eine ,, Herzkrankheit‘
von Albers in Bremen durch grosse Blutentziehungen behan-
delt, verlor sich gegen das Zlste Jahr, nachdem Pat. in ein
südliches Clima versetzt war. Auch eine „„weisse Geschwulst“
am linken Knie, mit vielen Blutegeln behandelt , verging spur-
los, so wie ein Wechselfieber, das 1823 in Bordeaux in 14 Ta-
gen durch Chinin geheilt wurde. Eine nicht venerische (?)
Geschwulst in inguine, 1826 in Brienne von einem Arzte: pou-
lin genannt and mit Quecksilber behandelt, verlor sich in 14
Tagen. 1829 wurde eine vermeintlich syphilitische Affection im
Halse in Hamburg mit vielem Mercur behandelt, ohne das:;z Nar-
ben zurückblieben, 1830 entwickelte sich, nach Erkäliung auf
der Jagd, die sofort die Gegend des Sonnengeflechts ailivirte,
das jetzige Uebel. Bis hierher sieht man einen zartgebauten
jungen Mann, dessen Körper neben angestrengier Thätigkeit
mehrfache krankhafte Affectionen und deren vielleicht nicht im-
mer zweckmässige, jedenfalls. schwächende Behandlung :zu be-
stehen hatte, Saamenverlust in frühester Pubertät, häufige Blut-
enileerungen und Quecksilbergebrauch, sicher nicht ohne mieder-
drückende Affecte, warenghinlänglich, das irritable System, das
schon durch Zwillingsgeburt und erbliche Anlage nicht das vor-
herrschende war, innerlichst zu untergraben und eine Siensibili-
tät zu begründen, die sich namentlich im Ganglienle ben zum
höchsten gesteigert hatte, um das Bild der vom Verf. in Hu-
feland’s Journale (1831, Juni; 1836, März) dargestellten neural-
gia chronica plexus solaris aufs bestimmteste auszuprägen,
Schon im Sommer 1834 lernte der Verf. deu Kranken als Mu-
sterbild der Hypochondrie kennen, ‘nur dass er bei grösster
Sorgfalt für die Gesundheit und leisester Achtsamkeit auf jede
Faser des Körpers doch immer noch rührige Geschäftsth.. tigkeit
und klare Heiterkeit des Geistes bewahrt hatte. Mit lächelnder
Ruhe und oft eigenthümlicher Terminologie setzte er die Em-
pfindungen zwar gern auseinander, duch ohne durch Klag'en und
Jammern lästig zu werden, So war er einer der wenigen lie-
benswürdigen Hypochondristen, die zwar vom Arzte grosse Auf-
merksamkeit, doch mit der Freundlichkeit eines gebildeterı Mau-
nes erwarten, Krregte schon 1834 die Magerkeit und gelbe
Blässe des feinen Mannes allgemeine Theilnahme, so waren
diese Erscheinungen 1837, wo er. Driburg zum zweiten Male
besuchte, zum Erschrecken gesteigert, zumal wenn er die wachs-
gelbe, kalte, trockne Hand bot. Gefühl von Kälte, nam entiich
in den Extremitäten, verliess ihn nie, auch nicht bei kräftiger
Muskelbewegung, deren die, wenn auch magere, doch »traffe
Musculatur allerdiogs fähig war, In den wärmsten Sojpmer-
nächten erwachte er! vor Kälte aus einem ohnehin selten über