II. Materia medica und Toxikologie. 287
derholte daher den Versuch bei zwei anderen Fällen mit eben»
falls erwünschtem Erfolge, Es sind folgende: 1) Gegen Ende
Septb. 18353 befragte R. ein Tischlergeselle wegen verschiede-
ner gastrischer Beschwerden, Koliken und Uebelkeiten, welche
Würmer vermuthen liessen, auch äusserte der Kranke, dass ihn
zuweilen Würmer einen Fingerlang abgegangen wären, welche
R. nach der Beschreibung weder für Spulwürmer noch Asca-
riden, sondern für abgerissene Theile eines Bandwurms hielt,
Um sicher zu gehen, liess R. eine Wurmlatwerge nehmen,
worauf nach einigen Tagen ein einzelnes Glied des Wurms
ausgeleert wurde, Aufgefordert durch die glücklichen von
Köstler in den Oester. Jahrbüchern (Band XIH. Stück 1)
mitgetheilten Versuche entschloss sich R., den Cort. Rad. Gra-
nat. anzuwenden , Jiess einige Tage zuvor strenge Diät halten
und dann den 30. Septb. Abends eine Unze Ol Ricint neh-
men. Schon in der Nacht erfolgte Oeffnung. Am folgenden
Morgen wurde von einem Decoct der Rinde von 2 Unzen,
mit 2 Pfd. Wasser bis auf 1 Pfd. eingekocht, alle halbe Stun-
den der dritte Theil genommen. Kine halbe Stunde nach dem
Einnehmen des letzten Drittheils ging der Wurm in einem
Knäuel vollständig ab. An dem 11} Ellen langen Wurm be-
fand sich der Kopf noch ganz unversehrt. Es war eine Taec-
nia solium. Bine halbe Stunde daranf folgte noch ein dunk-
les, gelb gefärbtes, etwa + Elle langes Stück. Der früher ab-
gegangene Haupttheil des Wurms war durchsichtig, weiss und
lebte noch beim Abgange, das später abgegangene Stück war
das hintere Ende des Wurms, was sich früher abgelösst, aber
noch im Leibe verhalten hatte, wodurch es in längerer Berüh«
rung mit dem Decocte blieb und gelber gefärbt wurde, — Die
Cur war nicht angreifend, es waren nur 10 — 12 Stuhlgänge
mit den durch das Oleum Ricini bewirkten erfolgt; auch bes
fand sich Pat. so, dass er keine Medicamente nöthig hatte,
Das Mittel schien auch eine Verbesserung der Verdauung zu
bewirken, denn Pat, erfreute sich nachher eines trefflichen Ap-
petits und ist in der Folge von allen Beschwerden frei geblie-
en. 2) Ein 28jähriger, von Jugend auf gesunder Mann hatte
1832 in Lübeck die Cholera überstanden und seitdem fortdauernd
an leichten Unterleibsbeschwerden gelitten, gegen welche er
aber selten ärztliche Hülfe bedurfte. Diese Beschwerden nah-
men nach und nach zu; es fand sich grössere Empfindlichkeit
des Unterleibes ein, Uebelkeit, Wasserbrechen, Kopfschmerz,
Heisshunger und mehr Verstopfung als Durchfall. Anfangs ver-
ordnete R. passende Arzneien, bis Pat. erwähnte, dass mit dem
Stuhlgange zuweilen lebende Würmer abgisgen, in welchen R.
der Beschreibung nach sogenannte Kürbiskerne erkannte. Er ver-
ordnete daher die obige Wurmlatwerge, und später, wegen Vver-
mehrter Leibschmerzen, dabei 4q. Laurocer, tropfenweise. Nach