IV. Gynäkologie und pädiatrik.
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traten zur regelmässigen Zeit die Geburtswehen ein; die Heb-
amme aber behauptete, die Geburt könne nicht erfolgen, weil
die Frucht angewachsen sel. — “Die Untersuchung zeigte, dass
der ganze Eingang der Vagina mittelst einer dicken festen Haut
verschlossen war; nur nach aufwärts gegen die Mündung der
Harnröhre blieb eine kleine Oeffnung , in welche nur eine feine
Sonde eingebracht werden konnte und aus welcher bei jeder
Wehe Fruchtwasser spritzte. Ueber die Ursache dieser Atresie
wusste die Frau nichts anzuzeben, als dass sie seit drei Mona-
ten sehr heftiges Brennen innerhalb der Scheide olne alle Ver-
anlassung und dann bedeutende Trockenheit in den Genitalien
fühlte und dass der Urin längere Zeit nur tropfenweise und unter
brennendem Gefühle abging. Aus Scham hatte sie keine ‘Hülfe
dagegen gesucht, Der Mann konnte ihr seit zwei Monaten
nicht beiwohnen, da jeder Versuch, den Penis einzubringen,
heftige Schmerzen verursachte , und die Scheide sehr verengt
schien. — Die vorhandene kleine Oeffnung wurde mit einem
Bistouri nach abwärts erweitert; die Membran zeigte sich + Ze.
dick, fest und derb. Der Act der Geburt war so weit vorge=
rückt, dass sich der Kopf spitzte. und durch kräftige Wehen
schnell hervorgetrieben wurde. Wegen Sıraflheit der Fasern
und verminderter Ausdehnungsfähigkeit der weichen Geschlechts-
theile musste die Zange angelegt werden, welche nach wenigen
Tractionen einen lebenden, schwächlichen Knaben entwickelte,
Nach Entfernung der Nachgeburt wurde ein mit Oel getränkter
Schwamm in die Vagina und zwischen die Schamlefzen Fett-
Jappen eingelegt, und mehrmals des Tages Einspritzungen von
Infus, flor. Chamom. romanae mit Herba Althaeae vorgenom-
men. Bei diesem Verfahren war Pat, in fünf Wochen herge-
stellt. [Med. Jahrb. d. k, k, Österr. Staates, Bd. 24% St. 1.]
106. Erschwerung der Geburt durch eine, am
Kopie des Fötus vorhandene, mit der Schädelhöhle
communicirende Geschwulst, (Aus den Militär-Medi-
cinal-Berichten). Kine Soldatenfrau, die stets sehr schwer
entbunden worden war, wat zum fünften Male schwanger.
In Folge der Anstrengung beim Tragen einer bedeutenden Last
schien sie von Wehen befallen zu werden und liess die Heb-
amme holen. Diese fand den Muttermund einen Zoll im Durch-
messer geöffnet, die Wehen waren aber schwach und die Ge-
burt rückte nur langsam vor. Am folgenden Morgen stellte sich
die Blase und der Kopf trat bei schwachen Wehen ins kleine
Becken bis zum Einschneiden, Jetzt wurden die Wehen immer
kräftiger, ohne dass die Geburt weiter vorrückte; der Reg.-Arzt
Dr. Weise wurde hinzugerufen. Da der Kopf sich in der er-
sten Hinterhauptlage zur Geburt gestellt hatte, derselbe bis zum
Einschneiden vorgerückt und die kleine Fontanelle hinter dem
Schambogen zu fühlen war, die Wehen aber fast ganz mangel-