Il, Chirurgie und Ophthalmologie, 227
werden. Kin Stück Ziegelstein und eine Menge Haare waren
in den Knochen fest eingeschlagen, die innere Tafel war in
grösserem Umfange als die äussere deprimirte losgesprungen,
und lag nach Entfernung der letzteren lose auf der Dura ma-
ter auf, so dass sie leicht mit der Pincette weggenommen wer-
deu konnte. Die harte Hirnhaut war, obgleich man die Spu-
ren des durch den deprimirten Knochen erlittenen Druckes sehr
deutlich wahrnahm, unverletzt. Gleich nach der Operation,
durch welche sich die Kranke nicht sehr angegriffen fühlte,
hatte sie einen leichten Schauder, schlief aber bald nachher ein
und befand sich nach halbstündigem, ruhigem Schlafe wohl.
Der Puls war ruhig, doch fand man nach etwa 30 Schlägen
immer einige intercurrirende, schwächere Schläge, Abends
zeigte sich diese Ungleichheit des Pulses schon nach dem achten
Schlage, aych bisweilen völlige Intermission desselben, wäh-
rend das übrige Befinden gut war. Nur eine abführende Mix-
tur und Eisumschläge auf den Kopf wurden verordnet, Die
Nacht schlief die Kranke ruhig und befand sich dan zweiten
Morgen völlig wohl. Am Abend war der Puls etwas gereizt,
dabei aber regelmässig und es fehlten alle Zeichen einer Affe-
ction des Gehirns oder seiner Häute , selbst die Wunde schmerzte
nur wenig. Am dritten Tage klagte die Kranke nach einer
ruhigen Nacht über Klopfen in der Wunde. Der Puls hatte
100 Schläge und eine gewisse Härte. Nach einer Venäsection
von 3xvi kehrte er wieder zur (rühern Frequenz zurück und
der Kopf wurde ganz frei. Am vierten Tage wurde der Ver-
band das erste Mal gewechselt, und am fünften sprossten einige
Granulationen von der Dura mater hervor, welche tief in der
Trepanationswunde , vom Knochen entfernt, sichtbar war. Al
les war mit gutem Eiter bedeckt. Die Gehirnpulsationen waren
regelmässig, wie der Puls der Arterien, Bei gutem Befinden
stellte sich Nachmittags auf der Stirn ein Erysipelas ein, wel-
ches sich am folgenden Tage unter Uebelkeit mit leicht beleg-
ter Zunge und mässiger Gefässirritation über das ganze Gesicht
ausbreitete und am 10. Tage auch den Nacken und Rücken
ergriff. Am 12. Tage erfolgte eine neue Eruption des Erysi-
pelas im Gesichte, wo unterdessen schon Abschuppung einges
treten war, Während dieser Zeit war sowohl das Allgemein-
befigden der Kranken, als auch der Zustand der Wunde höchst
befriedigend gewesen und man hatte nur eine Mirt, „Ammonit
muriat. mit Vinum stibiat, gereicht. Als sich das Erysipelas
über den ganzen Rücken ausdehnte, war die Wunde einige
Tage schlaff und ihre Secretion gering gewesen, besserte sich
aber bald wieder, worauf ihre Ausfüllung rasch und ungestört
erfolgte, so dass die Verletzte nach 10 Wochen geheilt entlas-
sen werden konnte, [Hamb, Zeitschr. f. d. ges. Medic. Bd.
VIL Hft. 4.}