Full text: (Neueste Folge, Band 8 = 1838, No 9-No 16)

130 1. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 
man bekennen müssen, dass der Arzt überall, wo er einen 
Kranken, der nicht Arzt ist, die Mittel zu seiner Heilung an- 
geben lässt, oder ihm Semmelkrume für Arzuei verhandelt, oder 
endlich in Befriedigung der Forderung, die derselbe in Anse- 
hung des Ausganges seiner Krankheit an ihn macht, vorsätz- 
lich von der Wahrheit weicht, — wie auch immer der Fall 
seya mag — von Leichtsinn und Betrügerei nicht frei zu spre- 
chen ist. Der Arzt hat mit Vorurtheilen viel zu oft zu käm- 
pfen, und sieht viel zu oft Individuen mit beflecktem Gewis- 
sen das Krankenbett besteigen, als dass er sich das alte: „et 
opiniont aliquid dandum est‘“ durch „auch dem Vorurtheile 
muss man bisweilen fröhnen‘ übersetzen; oder das uralte: 
‚,Mundus vult decipi‘“ zur Richtschnur seines Benehmens ge- 
gen Kranke wählen sollte, und auch am Krankenbette ist das 
Gesetz der Klugheit recht wohl mit dem der Wahrhaftigkeit 
zu vereinen, wenn man nur seinen Beruf zu erfüllen und sein 
Wesen zu‘ behaupten weiss, und Bescheidenheit und Selbst- 
verleugnung genug besitzt, um die Grenzen seiner Kunst an- 
zuerkennen und sich nicht zu überschätzen. Wie sollen aber 
junge Aerzte zu dem Ernste und der Tiefe ihrer Kunst ge- 
langen, wenn sie sehen, dass selbst ältere Practiker sich nicht 
entblöden, solche Grundsätze, als durch eigene Erfahrung 
am Krankenbette bewährt, ihnen anzupreisen, und welchen 
Begriff müssen erst Laien von der Würde des ärztlichen Stan- 
des bekommen, wenn sie lesen, dass dessen Bekenner mit sol- 
Shem Leichtsian und solcher Gewissenlosigkeit ;die Gesundheit 
und das Leben der Menschen behandeln und auf solche Weise 
dem Vertrauen der Kranken begegnen und vergelten? — 
56. Ueber die Behandlung der Krätze; von Dr. 
LeoxnanrDr zu Mühlheim a, d. R. Die Krüätze, die sich durch 
papulöse Bläschen auf der Haut wind vorzugsweise zwischen 
den Fingern und an den Beugeseiten der Gelenke offenbart, ge- 
hört, was Ursprung und Behandlung anlangt, zu den Uebeln 
über die, ungeachtet der vielen und genauen Untersuchungen 
und der maucherlei Versuche, doch noch die entgegengesetzte- 
sten Ansichten herrschen und wobei die verschiedensten Behand- 
Iungsarten angewendet werden. Doch lassen sich 2 Hauptan- 
sichten und Behandlungsweisen unterscheiden, Viele halten 
nämlich die Krätze für ein blos örtliches Uebel, indess Andere 
ihren Entstehungsgrund aus einem Krankheitsstoffe im Körper 
erklären, als dessen Folge sie die Krätzbläschen betrachten, Die 
Behandlungsweise muss also, nach diesen beiden Hauptansich- 
ten, auch zwei Hauptrichtungen nehmen. Denn ist die Krätze 
ein rein örtliches Uebel, so wird besonders örtlich gegen sie 
verfahren werden müssen; ist sie aber Folge einer innern 
Krankheit, so kann sie nur durch deren Hinwegschaffung gründ- 
lich geheilt werden, Um nun aus diesen einander entgegenste-
	        
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