EI. Chirurgie und Ophthalmologie,
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zumal die gauze Constitution überhaupt wegen der lange Zeit dabei
aufgehobenen Bewegung leidet. Dass die Furcht vor Exf(olia-
tion der Flechsen, wenn man diese parallel mit der Haut durch-
schneidet, ganz begründet sei, bezweifelt der Verf., doch ver-
dient das Streben von Stromeyer u. A, wornach die Sehne
durch Seitenschnitt getrennt wird, so dass die Haut über ihr
verschont bleibt, ein Verfahren, das zuerst Dupuytren bei
Durchschneidung des Sternocleidomastoideus anwendete , in die-
ser Beziehung Anerkennung. Man hat auch geglaubt, beim
Sehnenschnitt noch die Regel befolgen zu müssen, die getrenn-
ten Sehnenenden noch einige Zeit mit einander in Berührung
zu erhalten, und erst später die Extension zur Erreichung der
Norm zu beginnen. Allein abgesehen davon, dass man kaum,
oder nur mit sehr grosser Mühe im Stande seyn dürlte, die
Achillessehne in unmittelbarer Berührung zu erhalten, so springt
auch der Zweck eines. solchen Verfahren keineswegs klar in die
Augen. Man beabichtigt die Achillessehne zu trennen und sucht
sie doch wieder zu vereinigen. Dies ist Contradictio in adjeclo,
denn gelänge Letzteres, so wäre Ersteres vereitelt. Das Ganze
beruht auf falschen Begriffen von Heilung der Wunden, Man
will die Vereinigung bis auf halbem Wege zu Stande bringen
und dann ausdehnen, damit nicht zu viel plastischer Stoff aus-
geschieden würde, und dadurch Adhäsionen mit dem nalıen
Theile zu Stande kämen, die der freien Beweglichkeit des end-
Jich gerade gerichteten Fusses später hinderlich wären. Aller-
dings wird weniger Zellstoff zur Bindung der getrennten Theile
ausgeschieden, wenn diese nahe vereinigt werden, allein der-
selbe ergiesst sich mehr oder minder immer auch auf die nahen
Theile der Wunde, so dass man Adhäsionen durchaus nicht
vermeiden kann, Man glaube doch nicht, dass man die spä-
tere Ausdehnung nur auf Kosten der neugebildeten dehnbaren
Zwischensubstanz mächen könne, Nimmermehr. Die Achilles-
sehne vereinigt sich nie mehr 80, ‚dass ‚sie sich frei unter der
Haut bewegen kan. Deshalb sind auch die so Operirten An-
fangs immer etwas steif, was sich indess mit der Zeit durch
die viele Bewegung mehr ausgleicht, Die Extension will man
nur allmählig und erst eine gewisse Zeit nach der Durchschnei-
dung anfangen. . Doch schon die unbestimmte Frist, welche
hier die Schriftsteller angenommen, zeigt hipreichend , wie we-
nig sie mit der Sache im Keinen waren, Delpech fing die
Extension erst am 26, Tage, Stromeyer bald am 10., bald
am 8., auch am 3, Tage an, Hoess am 4. Tage und ein
Vierter schon am 3. Tage. Thilenius und Reiche dage-
gen machten keine Extension, sondern brachten den Fuss gleich
in die natürliche Lage und erhielten ihn darin durch passenden
Verband. Letzteres Verfahren ist unstreitig das Naturgetreue-
ste, denn auf einer Seite hat man nicht zu befürchten, dass