Full text: (Neueste Folge, Band 7 = 1838, No 1-No 8)

I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 473 
gan des Kreislaufs sollen vorzugsweise bei Blutungen ohne 
Aderlässe sich nicht erholen können. Die Furcht vor Blutan- 
häufung in den Lungen, vor Rückbleibseln, die eine Kutzün- 
dung und KEiterung hervorrufen sollen, wird uns Indication, 
schon ganz erschöpften Kranken noch mehr Blut zu entleeren, 
um sie sicher dem Tode zu weihn. Dass aber ein Uebel, wie 
die Tuberkeln, an und für sich unheilbar, durch Blutentzie- 
hungen nur verschlimmert wird, wollen leider viele Aerzte 
nicht einsehen, Sie rühmen die beruhigende Wirkung des 
Aderlasses in der Hämoptoe und dennoch kehrt oft nach einigen 
Stunden bei heftigem Hustenreiz die Blutung wieder. Erst jetzt 
hält man die Krankheit in Folge zu grosser Blutung für ady- 
namisch , man schreitet zum Kochsalz, zu den Säuren, zu den 
Narcoticis, Die Blutung steht und man freut sich über die 
Wirkung des vorausgegangenen Aderlasses, Nirgends ist der 
Missbrauch des Blutlassens weiter getrieben als gerade in der 
Hämoptoe und gewiss würde mancher Kranke länger erhalten 
seyn, hätten nicht zu viele Aderlässe seinen Organismus zuletzt 
zerstört. Wenn es ausgemacht ist, dass die Blutung bei Tuber« 
keln nur symptomatisch ist, so folgt hieraus von selbst, dass 
unsere Behandlung mehr gegen die Tuberkulose, als gegen die 
Blutung gerichtet seyn muss. Der Grad der tuberkulösen De- 
generation muss deshalb auch die Anwendung der Mittel be- 
stimmen. Wirkliche Erweichungen können durch Aderlässe 
nur noch vermehrt werden. Kin entzündlicher Zustand ist zu- 
Jetzt das einzige Mittel, wodurch die Natur tuberkulöse Höhlen 
heilt. — Hindern wir durch zu vieles Blutlassen dessen Aus- 
bildung, so kann der Naturprocess nur gestört werden, Das 
Stethoscop zeigt uns die Veränderungen, die nach Lungenblu- 
tungen in den tuberkulösen Höhlen vorkommen , nur zu deut- 
lich, Die ausgesprochenste Aegophonie verwandelt sich in ein- 
fache Pectiroloquie und besteht ein gelinder entzündlicher Reiz 
fort, so verschwinden bisweilen alle Erscheinungen, die das 
Stethoscop darbietet, nur der Durchgang der Luft an einzelnen 
Stellen des Lungengewebes wird undeutlieh, wodurch auf die 
beginnende Adhäsion geschlossen werden kann. Jeder Arzt 
wird eingestehen , dass er bei Lungenblutungen , wenn sie sich 
bei einem Kranken oft wiederholen, zuletzt die Aderlässe un- 
terlässt und dass die folgenden Blutungen dann von selbst auf- 
hören, wenn sie auch öfters mehrere Maass betragen, auch 
Ysst sich nicht läugnen, dass Recidive durch Blutlassen nicht 
verhütet werden können. Nach meinen Erfahrungen leistete bei 
wirklichen Tuberkeln der Aderlass wenig. Leider kennen wir 
bis jetzt kein Mittel, was im Stande wäre, die Ausbildung 
der Tuberkeln zu verhüten, oder ihren Verlauf zu unterbre- 
chen. Die Hauptsache bleibt bei allen Blutungen in Folge von 
Tuberkeln die grösste Ruhe des Lungenorgans. Der Kranke
	        
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