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IV. Gynäkologie und Pädiatrik,
wöhnliche Capacität wieder erhalten hatte. Zwei junge Practi-
kanten verliessen sie abwechselnd Tag und Nacht nicht und öff-
neten den Catheter, sobald starker Urinzwang sich zeigte. Es
war ein glückliches Ereigniss, dass vielleicht durch den trauma-
tischen Reiz des Catheters, theils durch die Heilkraft der Natur
die Lähmung des Blasenhalses gehoben wurde, Am 6. Tage
kehrte die Frau vollkommen hergestellt in ihre Heimath zurück.
1’0., erfuhr nun von Zeit zu Zeit, dass das Uebel geheilt blieb.
— Einen zweiten ähnlichen, eben 80 glücklichen Fall erlebte
d’O. vor mehreren Jahren, Eine 30jährige, erstgebärende Frau
wurde wegen rhachitischer Verengung des Beckens nach der
Perforation mittelst des Hakens, nachdem der Kopf 17 Stun-
den theils im Eingange, theils in der Beckenhöhle eingekeilt
gewesen war, entbunden und behielt von dieser Geburt an un-
willkührlichen Urinabgang, Der unvorsichtige Geburtshelfer,
ein gewöhnlicher Wundarzt, untersuchte sie nicht allein nicht,
sondern wendete auch. nur eine Zeit lang adstringirende Mittel
an, Die unglückliche Person erwartete von der Zeit eine mög-
liche Heilung, bis eine Hebamme sie versicherte, sie sei von
dem Geburtshelfer bei der Operation zerrissen worden und da-
her unheilbar. Dies bestimmte sie 5 Monate nach der Geburt,
Hülfe bei d’O, zu suchen. Er fand Mutterscheide, Blase und
äussere Schamtheile unverletzt, aber letztere durch den unaus-
gesetzten Urinabgang excorlirt, roth gefärbt und sehr empfindlich.
Der eingeführte Catheter zeigte ihm eine ganz zusammengezo-
gene Urinblase, indem derselbe gleich den sehr empfindlichen
Grund hinter der Mündung der Harnröhre berührte. Auch
fand sich an ihm ein übelriechender Schleim von einer krank-
haften Absonderung der Schleimhaut der Blase. d’O. schlug
hier das nämliche oben angeführte Verfahren einz aber in die-
sem Falle war die aufgehobene Capacität der Blase viel schwe-
rer wieder herzustellen, indem nach Verstopfung der Harnröhre
mittelst des Catheters etliche Unzen Urin, die in der Blase zu-
rückgehalten wurden , schon einen sehr schmerzhaften Urindrang
erzeugten, weshalb auch die Pat, Urin und Catheter mit Ge-
walt herausdrückte. Man musste daher hier sehr allmählig
verfahren und den Catheter im Anfange alle viertel, dann alle
halbe Stunden eröffnen und späterhin in längeren Zwischenräu-
men nach Massgabe der sich wieder einstellenden Capacität der
Blase. 3 Monate vergingen, bis die Frau dem Urindrange
7—8 Stunden widerstehen konnte. Die Behandlung war aller-
dings mühsam. Eine junge Hebamme verliess die Pat. die er-
sten 7 Tage gar nicht; dann wurde diese selbst über das
Oeffnen und Schliessen des Catheters belehrt; dieser war an
dem einen Schenkel festgebunden und erhielt sich während der
ganzen Cur in guter Beschaffenheit, — Minder glücklich endete
ein anderer ganz ähnlicher Fall, Zwei Jahre nach einer
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