360 Il. Materia medica und Toxikologie.
ginen Tropfen grüne Farbe fand. Auf mein Befragen , ob sie
etwa unversehens Farbe genossen hätten? wurde dies ver-
neint, indem sie ausser Bleiglätte mit keiner Farbe zu thun
hätten, Hiervon konnte die Krankheit nicht erzeugt worden
sein, da die Bleicolik ganz anders auftritt, Ich war sonach in
der Diagnose nicht weiter gekommen. Es sollte daher zur
Analyse des Ausgebrochenen verschritten werden, Kaum nach
Hause gekommen, wurde ich wieder gerufen. Meine Frage,
ob sie vielleicht Farbe genossen hätten, hatte die Familie auf-
merksam gemacht, Vor wenig Tagen war die Stube geweisst
worden und von der zur Bordüre benutzten grünen Farbe,
Leipziger Grün, etwas in einem neuen Töpfchen übrig geblie-
ben, Dieses war auf das Schenkbret der Stube gesetzt wor-
den, Das kleine Mädchen hatte sich dasselbe genommen und,
ohne dass jemand etwas gewahr worden war, solches in dem
Trinkwasserbehältniss ausgewaschen. Sonnabends Abends war
dieses gefüllt und Sonntags der Kohl mit diesem Wasser ge-
kocht worden. Die Suppe Abends wurde ebenfalls von diesem
Wasser bereitet. Montags wurde nun der Kaffee ebenfalls da-
mit gekocht und je mehr Wasser ausgeschöpft wurde, desto
heftiger musste das Gift einwirken. Ich besah nun das Was»
serbehältniss und fand, dass dessen Boden mit grüner Farbe
bedeckt war, und das Wasser augenblicklich grün gefärbt,
so wie es umgerührt wurde. Früher würde man dies wohl
entdeckt haben, wenn der Wasserständer nicht im Dunklen ge-
standen hätte, Es fand sonach Vergiftung mit Kupferarsenik
statt und die am Tage vorher verordneten Mittel, namentlich
Essigsäure , deren Nutzlosigkeit Renault bewiesen hat, konn-
ten hiergegen nichts helfen, es musste daher anders eingegriffen
werden, Zunächst wurde das Brechen durch Tpecacuanha be-
fördert und Milch als Getränk verordnet. Alsdann wurde
Schwefelleber gereicht, auch Seifenwasser, neben der Milch,
als Getränk verordnet, Wegen der erhöhten Sensibilität musste
auch Opium gereicht werden. Die Kinder erholten sich bald,
weil sie weniger Kupferarsenik genossen hatten. Langsam ge-
nasen dagegen J., seine Frau und Schwiegermutter, Bei diesen
blieben längere Zeit Schlaflosigkeit und Zittern der Glieder zu-
rück, die durch Opium und China beseitigt wurden. KEisen-
oxydhydrat hatte ich noch nicht versucht, würde aber dazu
verschritten seyn, wenn nicht Besserung eingetreten wäre , ob-
wohl ich mir hier, da der Arsenik mehr narcotisch wirkte und
wenig im Darmkanale anwesend sein konnte, keine grosse Wir-
kung von ihm versprechen konnte, — 3) Vergiftuug mit
Sauerkleesäure. Am 8. Juni d. v.‘J. Abends wurde ich
ersucht, schleunigst zu dem Schuhmachermeister S. zu kommen,
da selbiger aus Versehen Bitterkleesalz genommen habe, SS,
hatte vämlich seinem Sohne sechs Pfennige gegeben, um ihm