Full text: (Neueste Folge, Band 7 = 1838, No 1-No 8)

156 NM. Materia medica und Toxikologie, 
hinsichtlich einer nachtheiligen Wirkung dieser Stoffe mehr an 
allgemeine Erfahrungen aus den Kenntnissen, die man von den- 
selben hat, als an besondere Erfahrungen halten müssen. Der 
Verf. theilt nun im scharfen Umrisse drei Fälle von Schwefel- 
säurevergiftung mit, wo sich Laugensalze‘ und zwar Liquor 
Kali carbonict in grossen Gaben hülfreich erwiesen. Diese 
Fälle, namentlich zwei derselben dürften von um 80 grösserm 
Werthe seyn, als sie Personen betrafen, die E. genau kannte 
und der erste Fall noch um so mehr, als sich derselbe bis zu 
dem später an anderer Krankheit erfolgten Tode verfolgen less, 
1. Ein 3öjähriges unverheirathetes Frauenzimmer war vor nun 
mehr als 3 Jahren im Allerheiligenhospitale behandelt worden. 
Sie war eine liederliche Person, hatte mehrfach an Lustseuche 
gelitten und durch diese einen die Sprache behindernden Defect 
im Ganmenbeine erlitten, Als sie in die Klinik kam, litt sie 
an Amblyopia amaurotica. Man leitete das Uebel von Kno- 
chenauftreibung In der Orbita ab und wendete die Hunger - und 
Mercurialcur an, wodurch das Gesicht ziemlich zurückkehrte. 
Nachdem Pat. das Spital verlassen, lebte sie von Neuem lieder- 
lich ,- knüpfte an einem andern Orte einen Liebeshandel an 
und wurde schwanger, Ihr Geliebter verliess sie und wen- 
dete sich nach Breslau, Als _sie ihm folgte, hörte sie, dass 
derselbe Diebstahls halber eingezogen worden sei, was sie be= 
stimmte, sich und ihrem Kinde, sie mochte im 7. oder 8. Mo- 
nat schwanger seyn, das Leben zu nehmen. Man fand sie am 
13. Nov. 1836 in einer unbewohnten Kammer fast sterbend und 
es ergab sich sogleich, dass sie concentrirte Schwefelsäure ge- 
nommen hatte. Die -in die Anstalt gebrachte Kranke konnte 
keinen Bericht über sich geben, Tief erschöpft hatte sie ein 
hippocratisches Ansehen, verfallene Züge, Leichenblägse des Ge- 
sichts und des ganzen Körpers, Kälte, Zittern, convulsivisches 
Umherwerfen, Angst, stetes Hüsteln, bedeutende Dyspnöe, Kr- 
brechen” schwarzer , flockiger,- dintenartiger Stoffe und Schmerz 
bei Untersuchung der Bryst und des Unterleibes, namentlich der 
Magengegend. Die Mundhöhle so weit, man sie sah, und 
offenbar auch Rachen und Schlund, waren hoch entzündet und 
zerstört und Herabschlingen irgend einer Menge von Flüssigkei- 
ten wäre ganz unmöglich gewesen, man konnte also auch der 
Kranken nicht grössere und hinreichende Mengen von Magnesia 
beibringen, wenn man dies auch wiederholt versuchte, Nach 
Allem hatte sie wohl eine Unze Acid. sulph. verschluckt. Da 
3lülfe fast unmöglich schien, so erwartete man den baldigen 
Tod und da heftige Kolikschmerzen sich einstellten, auch wohl 
eine Frühgeburt und man sorgte für alle Fälle für das Nöthige, 
Da sich indess das Leben erhielt, ja Pat. sich sogar zu bele- 
ben schien, so verordnete Oberwundarzt Sachs noch Vormit- 
tags das Kult carbonicum und liess yon einer Mischung von
	        
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