136 1 Pathologie, Therapie und mediciaische Klinik.
grosses Kopfes, der Gesichtsausdruck finster, stupid, der Blick
matt, Stirn und Wangen vom Sonnenbrand gelblich geröthet,
die Lippen mit Schorf besetzt und rissig. Er klagte über Ap-
petitlosigkeit, die Zunge war schmutzig belegt, trocken, an der
Spitze geröthet; der Leib gespannt, bei der Berührung schmerz-
baft, Stuhlgang träge, aber breiigt; Urin häufig, die Erschö-
pfung gross, der Puls häufig und zusammengezogen. An den-
jenigen Theilen der Brustbedeckungen, welche den Sonnenstrah-
len ausgesetzt waren, besonders aber auf den beiden Hand-
rücken, sah man die Epidermis sich abschuppen und von Spal-
ten durchzogen, die sich in geringerm Maasse bis zum Ellenbo-
gen ersireckten, verbunden mit verhältnissmässiger Röthung der
darunter liegenden Haut, Bei Tage phantasirte der Kranke alt
und wollte davon laufen. Ausser einer hinlänglich nährenden
host, allmählig erst animalischer, besonders aber wie Franza-
go sie empfahl, einer Milchdiät, musste man vorzüglich die ga-
strischen Reize, die jetzt consensuell das Gehirn ergriffen hat-
ten, durch Blutegel beschränken, und dann gab L. am dritten
Tage ein Brechmittel, das durch die Ausleerungen alle Span-
nung des Leibes und den übrigen Schmerz hob, auch den Kran-
ken sehr erleichterte und besänftigte. Am folgenden Tage ver-
ordaete L. (nach v, Hildenbrand’s Vorschlag) ein Infusum
aus Radix Rhei S3ij. mit: Magnesia sulphurica 33. und liess
es auch die folgenden Tage fortnehmen; die Abschuppung der
Haut und Reinigung der Zunge erfolgte gut. Später ging L.
zum Sulfus ferri über, täglich 98. abwechselnd mit dem er-
wähnten. Infusum. . Unter günstigen Zeichen brach am neunten
Tage ein Erythem aus; der Kranke bekam Kräfte zum Gehen
und der Appetit wurde täglich besser. Als endlich alle Functio-
nen zu ihrer normalen Thätigkeit zurückgebracht waren, ver-
liess der junge Mann am zwanzigsten Tage nach seiner Auf-
nahme das Klinikum. — b) Schon vorgeschrittenes
Pellagra, Ein 35jähriger Landmann, dessen Eltern schon an
Peliagra litten, wurde seit vier Jahren in jedem Frühlinge von
einer Abschuppung der Haut der Handrücken und Füsse, und
einem bedeutendem Unwohlsein befallen. Im vorigen Jahre aber
gesellte sich zu dieser Abschuppung Melancholie, Stupor, Schwin-
del, Ohrenklingen und Mattigkeit. Am 2%, April kam er in
das Klinikum, An den genannten Orten und auch am vordern
Theil jeder Tibia, so wie dem obern Brustbein, zeigte sich
ein röthliches , glänzendes Erythem mit beginnender Abschup-
pung, Ausserdem fanden sich anhaltende Kopfschmerzen, Ver-
dunkelung der gelblichen, unstät beweglichen Augen, Ohren-
klingen, reichliche Speichelabsonderung , schmutzig belegte
Zunge, aufgelockertes, schmerzhaftes, blutendes Zahnfleisch,
übelriechender Athem. Der Appetit fehlte nicht; Urin wurde
reichlich gelassen, zuweilen delirirte der Kranke, behauptete