HI. Chirurzie und Ophthalmologie,. 505
Nach Unterbindung des Samenstranges wurde der enorme Te-
stikel bald mit der ihn umgebenden und an mehreren Stellen
fest verwachsenen Scheidenhaut exstirpirt, einige blutige Scro-
talarterien wurden unterbunden, die Wunde gereinigt, mit Heft-
pflaster zusammengezogen. Die Operation hatte eine halbe
Stunde gewährt und in der ganzen Zeit hatte Pat. keinen Laut
von sich gegeben. Er hatte wohl 2 Pfund Blut verloren und
war «deshalb und wegen der eben überstandenen Schmerzen
ziemlich schwach, sprach aber doch einige muntere Worte über
die glücklich überstandene Operation und rauchte nachher eine
Pfeife Tabak. Der exstirpirte Hode war oval, so gross wie
ein starker Kinderkopf und wog ohne anhängende Scheiden-
haut 1 Pfund 18 Loth C. G. Die Albuginea war, wo sie
picht auhing, ganz weiss; etwas ins Blaue spielend, Man
sah in derselben sehr viele Adern, die an einigen Stellen
über 4 Linien dick waren, von dunklem Blute strotzten und
hüufig mit einander anastomosirten, so dass dadurch viele
mit Varices versehene Gefässnetze gebildet wurden, Als
der Hode eingeschnitten wurde, quoll kein Tropfen Blut aus
demselben, sondern man sah in ihm nur eine weisse, ganz
consistente Masse, die durch feines Zeilgewebe in Lappen von
verschiedener Grösse getheilt und der Medullarsubstanz des
Hirns ganz ähnlich war. Tags darauf nahm man einige Fie-=
berbewegungen wahr, wovon man jedoch am 15. Oct, nichts
mehr bemerkte. Das Aliyemeinbefinden war recht gut, Der
Operirte rauchte gern Tabak und klagte sehr über Hunger,
In der Wunde fand sich eine gelblich-weisse, anscheinend eiter-
artige Masse. Die Behandlung brauchte nur negativ-antiphlo-
gistisch zu seyn. So ging es bis zum 12, Tage nach der Ope-
ration, dann aber wurde der Operirte unruhig, wahrscheinlich
weil er gehört, dass man in der Nachbarschaft nachtheilig von
ihm geredet und es trat am 25. Oct, nach Wegnahme des Ver-
bandes eine übrigens nicht bedeutende, wie es schien, parenchyma-
töse Blutung ein, die durch kalies Wasser und einen die Wund-
ränder etwas stärker zusammenziehenden : Verband bald gestilit
wurde. Tags darauf wiederholte sich die Blutung mehrmals,
wurde aber durch kaltes Wasser immer wieder gestillt. In der
Nacht‘ zum 28. Oct. kehrte jedoch die Blutung so heftig zurück,
dass ihr Pat. bald unterlegen hätte. Als L. ankam, hatte die-
selbe zwar nachgelassen, weil Pat. in Ohnmacht gefallen, dach
war derselbe noch so schwach, dass er kaum sprechen konnte
und Krämpfe in den Waden, einen kleinen, fadenförmigen Puls,
bleiche Lippen und mit kaltem Schweisse bedeckte Haut hatte.
Nach Angabe der Umstehenden war das Blut in ununterbroche-
nem Strahle aus der Tiefe der Wunde gekommen und konnts
durch kaltes Wasser nicht gestillt werden, Die Wunde wurde
auf das Genaueste untersucht, ohne dass man die Quelle der