II, Materia medica und Toxikologie, 474
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213. Ueber alte Schenkelgeschwüre und de-
ren Heilung durch Acidum pyrolignosum; von Dr.
Trautmann sen, in Leipzig. In meinem frühern Wirkungs-
kreise fand ich bei den nıedern Volksklassen den Gebrauch
von Russpflaster , Schuhmacherpech, Wagentheer etc. gegen alte
Geschwüre an den Unterschenkeln und Füssen sehr gewöhnlich,
und man kam meistens nur dann erst zum Arzte, um diesen
mit dem durch Pfuscherei oft ganz verschlimmerten Uebel zu
quälen, wenn die oben erwähnten Mittel nichts geholfen hat-
ien. Bei den Besuchen solcher Kranken musste ich häufig hö-
ren, dass aber doch dem oder jenem Freunde ein Russ- oder
Pechpflaster etc. gute Dienste geleistet hätte und dass mancher
durch solche Mittel von alten Beinschäden befreit und geheilt
worden sel. Je hartnäckiger dergleichen alte Schäden allen an-
gewendeten Heilversuchen oft und lange Zeit widerstehen, um so
begieriger ergreift wohl der Arzt jedes Mittel, das ihm einigen
günstigen Erfolg für sein Heilverfahren zu versprechen scheint.
Die Analogie der Bestandtheile des in den Jahren 1820— 1822
in mehreren Zeitschriften für Chemie und Technologie, wie ich
glaube, zuerst erwähnten Holzessigs mit denen der oben er-
wähnten Pflaster und die Anempfehlung desselben gegen Fäul-
niss thierischer Theile brachten mich damals schon auf die Idee,
den Holzessig bei alten Fussgeschwüren in Anwendung zu
bringen und ich fand bald Gelegenheit, mich von der Wirksam-
keit dieses Mittels. in solchen Uebeln auf das hinreichendste zu
überzeugen. Der Holzessig allein war in fast allen Fällen zu
stark, verursachte Entzündung, Schmerzen und vermehrte Rö-
the des Gliedes. Ich liess daher eine Verdünnung desselben
bereiten, gewöhnlich aus Acid, pyrolignos. 3}.» Aquae destil-
lat. spl. 3vijy die ich nach Maassgabe der Reizbarkeit des
Kranken schwächer, selten stärker bereitet, mit Compressen
auf die schadhaften Theile legen, oder wenn die Haut dieses
Verfahren auf längere Zeit nicht vertrag, so liess ich die
Geschwüre mehrere Mal des Tages damit auswaschen, und
nach Umständen mit diesem Mittel kaum merklich befeuchtete,
oder trockne Charpie auflegen. In ähnlichen Fällen, wo,
wie es bisweilen Statt findet, durchaus keine Nässe vertragen
wird, werde ich künftig in eine etwas stärkere Mischung des
Holzessigs getauchte und wieder getrocknete Charpie
trocken auflegen lassen. Nachdem die Kranken das Acid,
pyrolign. nur einige Zeit und in oben angegebener Form ge-
braucht hatten, trat gewöhnlich die Haut von den Rändern der
Geschwüre her immer näher zusammen, es bildete sich im
Grunde der offenen Stellen eine gute Granulation und sie heilte
in kurzer Frist, wie dieses, um nur ein Beispiel anzuführen,
bei einem unserer Collegen der Fall war, der sich im Bade
am Unterschenkel verletzt hatte, woraus nach und nach ein Ge-