190 ll. Chirurgie und Ophthalmologie,
her klar, dass, ehe diese Anomalie möglich werden kann, die
betreffenden Ligamente mehr oder. weniger nachgeben müssen,
besonders die Lig. dorsalia zwischen Talıs und Os navicı-
lare, aber noch mehr die Lig, plantaria und am meisten die
Lig. plantaria zwischen Calcaneus und Os navicul. Bemer-
kenswerth ist ferner das Spaunen, das bei der erwähnten Sub-
luxation der vordern Fibern des Lig. deltoideum und Jibulare
Tali anticum entstehen muss, da die Tibia nun auf den hin-
tersten Theil der obern articulirenden Fläche des Talns zu ste-
hen kommt, und so der niedergesenkte und subluxirte Talus
das Os naviculare mehr nach vorn drängt und die Fibula melır
nach aussen vom Os naviculare gerückt wird. So lassen sich
leicht alle den Plattfuss begleitende Symptome erklären: verän-
derte Stellung der Tibia und Fibula, flacher Fussrücken, Her-
vorragen des sonst concaven Theils der Fusssohle, Eigenthüm-
lichkeit beim Gehen, begründet in verminderter Festigkeit des
Gelenks, schwere Bewegung des Fussgelenks wegen gehinder-
ter gegenseitiger Verbindung der Knochen und endlich he-
schwerliche Extension des Fusses, theils aus den angeführten
Gründen, theils wegen des Spannens der vordern Fascikel des
Ligam, deltoid, und Ligam, fibulare Tali anticum » die sich
im Normalzustande zu starker Extension widersetzen, aber nun
bei ihrem Spannen selbst nicht mehr den gewöhnlichen Gang
zulassen. Vielleicht entsteht, wie Thune angiebt, das Uebel
auch dadurch, dass das Tuberculum internum tuberositatis Cal-
canei zur Seite verrückt und so flacher wird. Diese Annahme
ist nicht unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass die Fuss-
wurzel sehr spät verknöchert, ja dass sogar der hinterste Theil
des Calcanei bis zum 18. Jahre cartilaginös bleibt. Erst nach-
her werden Knochenpuncte abgesetzt und zwischen dem 15.
bis 16. Jahre entsteht vollkommene Verwachsung zwischen Tu-
berositas und Corpus Calcanei, Dazu kommt noch die Nach-
giebigkeit, die das ganze fibröse System, folglich auch die hier-
her gehörigen Ligamente im kindlichen Alter haben. Beson-
ders wird diese allgemeine Disposition bei Kindern mit scro-
phulösem Habitus, zu deren wesentlichen Kennzeichen Atonie
gehört, hervorstechen. Leicht wird daher einleuchten, wie jenes
Vorschiessen mit seinen Folgen bei dem Plattfusse plötzlich durch
äussere Gewalt oder nach und.nach durch anhaltende Schwere
des immer an Gewicht zunehmenden Körpers hervorgebracht
werden kann. Das stufenweise Entstehen des Uebels anlan-
gend, muss man sich daran erinnern , dass der Plattiuss vor-
zugsweise in der niedern Volksklasse vorkommt. Arme Kin-
der werden früh auf die Beine gestellt, damit sie sich zeitig
ans Stehen und Gehen gewöhnen sollen, auch hat in der är»
mern Klasse die Scrophelsucht ihre Quelle und man findet hier
die meisten Kinder mit dickem Unuterleibe , der durch seine