Full text: (Neueste Folge, Band 5 = 1837, No 9-No 16)

330. I Pathologie, Therapie und medicinische Klinik, 
lange erkrankten Organs sehr abgestumpft, so kann selbiges 
aus verschiedenen Gründen aufhören, der Sitz subjectiver Krank- 
heitssymptome zu bleiben und zwar nämlich a) indem die Ver- 
richtungen des Organs stets ungenügender vor sich gehen und 
durch die vicarirenden Functionen anderer Theile unterstützt 
werden sollen, so befinden sich letztere in permanenter und 
sehr verstärkter Erregung, welche um so leichter zur wirkli- 
chen Reizung werden kann, je weniger das vicarirende Organ 
die ihm aufgebürdete Function durchzuführen vermag. Ist die 
eine Niere nicht mehr fähig zu secerniren, so kann die andere 
viele Jahre das verstärkte Secretionsgeschäft auf sich nehmen, 
olıne dass sie dabei erkrankt. Wurde dagegen die Milz unver- 
mögend gehörig auf das Blut einzuwirken, so werden weit 
früher Leber oder Gekrösdrüsen Kkrankhaftz aber oft geht den 
sich dann bildenden Uebeln eine Periode, von schmerzhafter Er- 
regung , wahrer Neurose des Organs voran. bb) So lange das 
Reactionsvermögen des Körpers ergiebig bleibt, ist auch die 
Tendenz deutlich, das obwaltende Hinderniss durch verstärkte 
Innervation in ’der Richtung gegen das kranke Organ zu über- 
wältigen, was aber nur ‚geschieht, indem in den für andere 
Organe bestimmten Nerven der centrale Impuls geringer wird, 
wodurch eben die letzteren den äussern Erscheinungen mehr 
bloss gegeben werden. Der heftigste Schmerz kann in der 
rechten Seite der Brust wüthen und doch die Leber and nicht 
die Lungen krank seyn; eben so kann m” die Harnblase für 
den Sitz eines Uebels halten, das sich einziz und allein in den 
Nieren befindet. Wird die chronische Entzündung mehr aus- 
gebildet, finden häufig intercurrirende Anfälle der acuten Entzün- 
dung statt, oder währt die chronische Form beharrlich und un- 
unterbrochen in einem Organe fort, so kann dieselbe allerdings 
Eiterung bedingen. Doch ist dann der Eiter gewöhnlich übel- 
artig, fast jauchig, denn das Blut, aus dem er gebildet wer- 
den soll, neigt zur Zersetzung hin und das kranke, schon lange 
unvollkommen ernährte Gewebe wird viel leichter durch Schmel- 
zung zerstört. Der gewöhnliche unmittelbare Ausgang der chro- 
nischen Entzündung besteht in entzündlicher Induration, die bis- 
weilen mit ansehnlicher Vergrösserung des entzündeten Organs 
oder einzelner Theile desselben verbunden ist. Diesen Zustand 
darf man nicht mit Hypertrophie oder Paratrophie verwechseln: 
bei letzteren sind die Capillargefässe ‚permeabel, bei der ent- 
zündlichen Induration dagegen sind sie für die Injectionsflüssig- 
keiten mehr zugänglich. Befällt daher ein solches Gewebe, 
dessen Innervation bereits dem Nullpuncte näher gerückt ist, 
ein sehr hoher Grad der entzündlichen Reizung, so wird das- 
selbe plötzlich von aller Innervation abgeschnitten. Dadurch 
wird gänzliches Zerfallen der Substanz vorbereitet, ein Schmel- 
zungsprocess, bei dem die Attribute der Eiterung und Erwei-
	        
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