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V. Pseychiatrie,
ganz frei, die Lochien flossen gut, die Brüste schwollen an
von wässeriger Milch. Der Hitze folgte ein reichlicher Schweiss
mit Nachlass der Erscheinungen. Jedoch behielt der Puls stets
die fieberhafte Bewegung, indem er in der Minute zwischen
90 und 100 Schläge machte, Dieser Zustand wiederholte sich
am vierten und fünften Tage unter Hiozukommen von galligem
Erbrechen , solchen Stuhlgängen, Entstellung der Gesichtszüge,
Schlaffheit der Brüste, Schlaflosigkeit, Delirien, Aufgetrieben-
heit des schmerzhaften Bauches, grosser Aengstlichkeit in stei-
gendem Grade, und erreichte am sechsten Tage die grösste
Höhe, indem der Puls kaum fühlbare 140 Schläge in der Mi-
nute hatte, die Lochien auch ausblieben und die Kranke den
Tod ahnte, Zwei kleine Aderlässe, 3 Mal wiederholtes Blut-
egelsetzen, Calomel mit Pulv. Doveri, Brausepulver, schlei-
mige Getränke, erweichende Salben und Umschläge vermoch-
ten nicht, die Bauchschmerzen‘ zu mindern, Infus. Chinae
konnte nicht die paroxysmenartigen Verschlimmerungen aufhal-
ten, Aq. Lauroceras. nicht die Nerven-Unruhe mildern. Der
Tod erfolgte am Abend desselben Tages. — Die Section wurde
nicht gestattet, — .Dir Todesursache dürfte in einer Entzün-
dung und darauf folgender Eiterung der Uterinal-Venen, welche
schon während der Schwangerschaft sich in gereiztem Zustande
befanden, und bei der Geburt durch Lostrennung der Placenta
gewaltsam verletzt werden mussten, zu suchen seyn, ohne den
Antheil zu vergessen, welchen die Entzündung des gesammten
Bauchfelles und wahrscheinlich auch der Leber beigetragen hat.
LMed, Jahrb, d, k. k. österr. Staates, Bd. 21. St, 1.1
V. PSYCHIATRIE.
143. Geschichte einer glücklich geheilten Ma-
nia erotica; von Dr. GırreRmann. Pat. war ein 36jähri-
ger Zimmermann, der Sohn ganz gesunder Eltern. Seit unge-
fähr 13 Jahren hitt derselbe an Epilepsie und zwar in nicht ge-
ringem Grade, so dass wöchentlich oft 5—6 Anfälle erfolgten,
Ueber die erste Veranlassung zu diesem Uebel liess sich nichts
ausfindig machen, als dass Pat. öfteren Affecten ausgesetzt ge-
wesen war und darauf die epileptischen Anfälle anfangs” selten,
später häufiger bekommen hatte. In den 13 Jahren, die er an
diesem Uebel litt, war er sonst von andern Krankheiten frei
geblieben. Der Körper war schlank, aber hager, der Hals
lang, das Gesicht blass und die Physiognomie ganz die, welche
man bei habitueller Epilepsie gewöhnlich wahrnimmt. Vor
etwa 4 Jahren hatte sich Pat. verheirathet, schien aber mit der
Frau nicht gut zu leben und sollte, wie Letztere auch angab,
auch ausser der Ehe der Liebe opfern, Seit einigen Wochen