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L Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 91
Structur und Lage der Leber, Milz und des Pancreas waren
normal, das Volumen der beiden ersten jedoch um die Hälfte
vergrössert. Das Zwerchfell ragte hoch in die Brust hinauf.
Links fand sich in der Brust nur das Herz, die Lunge war in
Folge der Verengerung des linken Canum thoracis durch die
Rückgrathsverkrümmung in die starke erweiterte rechte Hälfte
hinübergedrängt. Die Structur der Lungen war übrigens ganz
regelmässig und besonders frei von Tuberkeln. — Bis zur
letzten Kranklleit hatte der Verstorbene nie an Harnbeschwer
den gelitten, doch in den letzten Jahren öfters, als früher, Be-
diirfniss zum Harnen gehabt, so dass er Nachts 6—8 Male hatte
aufstehen müssen. Der Harn war stets natürlich gewesen und
hatte nie Gries oder ein bedeutendes Sediment gezeigt. Auch
waren nie Symptome irgend eines Nierenleidens zugegen gewe
sen. Besonders interessant ist, dass während des Lebens kein
anderes Organ die hier ganz cessirende Harnbereitung vicarii-
rend übernahm, dagegen ist nicht zu bezweifeln, dass die
Darmentzündung mit der unterdrückten Harnabsonderung in ätio
logischem Verhältnisse stand. Was die Natur der pathologi
schen Veränderungen in den Nieren anlangt, so irrt man wohl
nicht, wenn man dieselben in die Familie der Tuberkeln bringt,
obgleich die Tuberculose gerade am seltensten in den Nieren
ist. Die flüssige Beschaffenheit des Inhalts und die begonnene
Verknöcherung an der innern Wand der Tuberkelhölen bewei
sen, dass der tuberculose Process seinen Cyclus vollendet hatte.
Ueber Aetiologie und Pathogenie des Falles enthält sich D. jeder
Bemerkung und er macht nur noch darauf aufmerksam, dass
die Leber hypertrophisch um ein starkes Drittheil des gewöhn
lichen Umfangs vergrössert war. Ob dieselbe supplementäre
oder vollkommen vicariirende Absonderung übernommen hat? —
Behauptet übrigens Ade Ion, dass die Harnabsonderung nicht
länger als 3 Tage unterdrückt werden könne, ohne den Tod
zur Folge zu haben, so beweist der mitgetheilte Fall etwas
ganz Anderes. 12 Tage wurde nämlich kein Tropfen -Harn ab-
und ausgesondert und dann erst erfolgte der Tod. [Hufeland’a
Journ. d. pract. Hcillc. 1836. öc/.]
38. Merkwürdige Beobachtung einer glück
lich geheilten Ischuria vesicalis; von Dr. Wehr in
Kassel. Dr. V., ein 70jähriger Arzt, 2 Mal verehelicht und
Vater von 4 Kindern, mit apoplectischem Habitus, sanguinisch
cholerischen Temperaments, untersetzter Statur, mit starker Con
stitution begabt, erfreute sich, ungeachtet der vielen Beschwer
den einer ausgedehnten Praxis, mit Ausnahme einer Geneigtheit
zu rheumatischen und hämorrhoidalischen Beschwerden, einer
Hepatitis, an der er vor 7 Jahren gelitten, mehrfacher Anfälle
von Erysipelas phlegmon., vorzüglich an den obern Extremitä
ten und eines Hämorrhoidalabscesses, der ihn beinahe ein hal
bes Jahr plagte, einer blühenden Gesundheit. Seine Lebensart