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IV. Gynäkologie und Pädiatrik.
die Kranke nur auf dem kranken Schenkel und konnte ilm
auch hier nicht anziehen, ausser mit Hülfe der Hände. p asa
sie im Bette, so unterstützten immer beide Hände den Schen
kel unterhalb des Knies. Man erkannte das anfangs räthsel-
hafie Leiden zeitig genug für Psoitis und behandelte es vom
Beginn an richtig. Koch während die Lochien flössen, wendete
man Blutegel und dann Schröpfköpfe an, entzog auch . später
nochmals viel Blut durch Blutegel und schritt so methodice mit
den äusserlichen Mitteln vorwärts, dass man nur nach und nach
von blanden und besänftigenden Einreibungen zu den reizend
sten, eingreifendsten überging. Diese Behandlung verdankte
der Verf. jedoch nicht gleich der tiefem Einsicht ins Uebel,
sondern der ihm nicht genügenden Erkenntniss, die ihn antrieb,
möglichst methodisch zu Werke zu gehen. Das Allgemeinbelin-
den Jitt nach und nach sehr und schmelzende Schweisse, quä
lender Husten, beschleunigter Puls, gelinde Fieberbewegungen,
gereiztes Gemiith, Appetitlosigkeit und gestörter Schlaf drohten
die scheinbar schwächliche Constitution ganz aufzureiben. H.
beabsichtigte sonach die Anwendung des Gliiheisens. Um Pat.
dafür zugänglicher zu machen und zur eigenen Beruhigung,
führte er einige erfahrene Collegen zu derselben. Aber die
Diagnose war für Jede«, der Pat. zuerst sah, räthselhaft.
Alle Erscheinungen Hessen sich jedoch durch Annahme einer
Psoitis vollständig erklären. Nach langem Sträuben Hess Pat.
das Giiiheisen zu und so wurde es denn den 6. Febr. 1S34
Vom Landgericbtswmidarzt Nolte in 3 langen Streifen von der
Weichengegend über die Glutaeen geführt und am 13. Febr.
eine Fontanelle von 15 — 20 Erbsen mit dem Giiiheisen am
Oberschenkel, 2 Finger breit unterhalb der Inguinalgegend, ein
gerichtet. Die Stelle, nabe der Insertion des lliacus, die Pat.
mit einem Finger decken konnte, war vom Anfänge der Sitz
heftiger Schmerzen, die hier auch schon vor der Geburt, wenn
auch weit weniger heftig, gefühlt worden waren. Setzte Pat.
den Finger auf diese Stelle und legte die andere Hand in die
Gegend der letzten Kippen, nahe dem Riickgrate, so gab
sie in den bezeichneten Zwischenräumen den Heerd ihres Uebels
an. Der Erlulg des Gliiheisens war überaus günstig. Die
Schmerzen verloren sich, das Bein konnte viel leichter ausge-
streckt werden und das Allgemeinbefinden besserte sich' so, dass
alle genannten Symptome ganz verschwanden. Pat. hatte
weder Fieber, noch Schweiss und Husten, und bei Schlaf
und Esslust hoben sieji sichtlich die Kräfte. Diese Besse
rung verdankte man der wohlthätigen Einwirkung des Gliih-
eisens auf das Grundleiden. Es minderte durch heftigen Ge
genreiz die Entzündung und mit Fällung des Stamms fielen
auch die Aeste. Doch die Besserung war von kurzer
Dauer; nachdem der äussere Reiz nachgelassen, erhob sich
t»as iunere, Uebel mit allen Widerwärtigkeiten von Neuem.