470 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
wann, das Erbrechen hörte ganz auf, der Durchfall wurde sel
tener, war aber nocli unwillkürlich und stank ungemein, es er
folgte sanfter Schlaf und der ganze Zustand änderte sich nun
bis zum 1. Sept. Morgens 6 Uhr so, dass die Kranke ausser
Gefahr zu erklären war. Die entstellten Gesichtsziige und der
gläserne Blick der Augen hatten den gewöhnlichen Ausdruck
angenommen, der violette Ring war verschwunden, Slirn, Ba
cken, Käse und Zunge waren warm, die Haut feucht, der
Puls zwar schwach, doch deutlich fühlbar, die Hautfalten blie
ben nicht mehr stehen, die gerunzelten Finger waren glatt,
die Wadenkrämpfe hatten aufgehört und Vorderarme und Hände
zeigten wieder die gewöhnliche Farbe. Seit 4 Uhr waren
keine Stuhlausleerungen mehr erfolgt. Nachdem Pat. früh um
8 Uhr gereinigt, in ein reines erwärmtes Bett getragen und die
Stube gelüftet worden, schlief sie den Tag über ruhig und
fortwährend. Der schweren Leiden des vorigen Tags, so wie
der Gegenwart des Verfs. und mehrerer Freunde erinnerte sie
sich durchaus nicht. Mittel erhielt sie nicht mehr. Zum Ge
tränk bekam sie Reisssehm. Als gegen Abend Gesichtsröthe und
Congestionen zum Kopfe hin sich zeigten, auch keine Leibesöff-
nung eintrat, setzte man 6 Blutegel in den Nacken und unterhielt
die Nachblutung eine Stunde. Zum innerlichen Gebrauche w urde
verordnet: Rec. Pot. Äitw'Jiv. aqu. la.rat. Vienn. M. D. S.
Alle 2Stunden 1 Esslöffel. Nachts folgten mehrere Stühle mit Harn,
darauf ruhiger Schlaf und allgemeiner Schweiss und am 3. Sept.
fühlte sich Pat. bis auf einige Schwäche von allen Krankheits-
svmptomen befreit, hatte reinen Geschmack und guten Appetit.
[Horn’s Archiv f. med. Erfahr. 1836. Sept. u. Oct.\
196. Seltene Arten von syphilitischer Anste
ckung; vom Kreis-Phys. Dr. Sick zu Muskau. Am 1. März
1831 wendete sich eine Hebamme an S., um sie zu untersu
chen, da sie wohl an einer ansteckenden Krankheit leide. Sie
habe nämlich am 4. Juli 1830 eine Frau entbunden, an deren
Mittelfleische sie eine bohnengrosse, blaurothe, fleischige, bei
Berührung schmerzhafte Geschwulst bemerkt habe. Von Ge
schwüren oder Ausschlägen habe sic aber am ganzen Körper
der Entbundenen nichts gesehen. Erst am 9. Tage nach der
Geburt eines gesunden Kindes habe sich ein Ausschlag auf meh
reren Körperstellen der Wöchnerin gezeigt, der auch das Ge
sicht nicht verschont. Dieser Ausschlag sei Anfangs in runden,
rothen Flecken erschienen, die nachher ins Braune übergegangen
und von denen sich die Haut in dünnen Lamellen abgeschuppt.
Nach mehreren Wochen hatte die Entbundene, wie sich aus
den Angaben der Hebamme abnehmen liess, Blepharophthalmi-
tis mit starker Schleimabsonderung und heftiger Anschwellung
der Augenlider bekommen und zwar zuerst an einem, dann
auch auf dem andern Auge, auch waren Schmerzen beim Schlin
gen entstanden. Das anscheinend gesunde, wohlgebildete Kind