Full text: (Neueste Folge, Band 4 = 1837, No 1-No 8)

458 I. Pathologie, Therapie und niedicinisclie Klinik. 
Veränderung vorgegangen, so dass jetzt ein leichteres Mittel 
das bewirken konnte, was ein kräftiges und mit Einsicht ein 
gerichtetes Heilverfahren bis dahin nicht vermochte? Dies ist 
möglich! Doch konnte B. bei aller Miihe nichts darauf Be 
zügliches erfahren, und musste es sich offen gestehen, dass der 
Zufall allein ihm gedient hatte, eine anscheinend so glänzende 
Cur zu machen, bei der sein einziges Verdienst vielleicht dar 
in bestand, dass er von dem ein Mal verordneten Mittel, ungeach 
tet seiner Unbedeutenheit und der anscheinenden Wichtigkeit 
der Krankheit, nicht abging, sondern es fortnehmen liess, weil 
es gut that und somit den Fehler vermied, der jungen Aerzten 
eigen ist, nämlich alle Tage andere Mittel zu verschreiben, um 
schnell und sicher zu heilen. Man vergesse nie die alte practi- 
sche Regel: ex juvan/ibus et nocentibus optima fit indicatio.— 
11. Ein 28jähriges, früher in guten Umständen lebendes, durch 
den Tod ihrer Aeltern aber in eine sehr drückende Lage ver 
setztes Mädchen hatte ihre todtkranke Mutter viele Wochen 
Tag und Nacht allein gepflegt, dabei meist nur von Brot und 
Kaffee gelebt und sich so höchst erschöpft. Die Folge war ein 
gastrisch-nervöses Fieber. Es wurde mit Brech - und Abführ 
mitteln glücklich bekämpft, aus demselben entwickelte sich aber 
allmählich das hier näher zu schildernde Leiden, wegen dessen 
B. um Rath gefragt wurde und das bereits seit mehreren Mo 
naten bestand und Pat. in Tabes versetzt zu haben schien. B. 
fand Pat. iin Bette liegend, bleich, abgezehrt. Der Puls war 
über 100 Schläge, klein, weich. Die Kranke klagte über drü 
ckenden Schmerz in der Magengegend, der sie nie ganz ver- 
liesse und bei Berührung der Regio epigasirica zunehme. 
Letztere war aufgetrieben, gespannt, bestimmte umschriebene 
Härte aber durch die sehr dünnen Bauchdecken nicht zu füh 
len. Die Zunge war mit weissem, lockerm, gleichmässigem 
Ueberzuge bedeckt, der Geschmack fade, widerlich und Pat. 
brach fast Alles, was sie genoss, namentlich alle festen Spei 
sen, wieder aus und zwar kurze Zeit nach dem Essen. Gleich 
zeitig wurde viel Schleim und wässrige Feuchtigkeit ausgeleert, 
von der Pat. klagte, dass sie einen eigenthiimiich unangeneh 
men, aber nicht genauer zu bezeichnenden Geschmack hätte. 
Das Ausgebrochene verbreitete zwar nicht starken, aber speci- 
fisch widerlich faden, säuerlichen Geruch. Der Stuhlgang fehlte 
nicht ganz. Alle 2—3 Tage erfolgte eine ziemlich normale 
Ausleerung in geringer Menge. Die Menstruation hatte sich 
ebenfalls ziemlich regelmässig, aber sparsam eingefunden. B. 
vermuthete bedeutende'Verstimmung und perverse Secretion der 
Schleimhaut des Magens und verordnete eine Salmiaksolution 
und nach 24 Stunden ein Brechmittel. Es wurde viel Schleim 
von weissgelblicher Farbe mit untermischten bräunlichen Flocken 
und etwas Galle ausgeleert, sonst aber nichts geändert, Pat. 
erhielt uuu besänftigende und krampfstillende Mittel: Kohlen-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.