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IV, Gynäkologie und Pädiatrik.
gegen. Durch zu frühes Zerspringen der Blase ist das Kind
am ganzen Körper, überhaupt viel zu lange der Coinpession
ausgesetzt. Doch wird damit nicht behauptet, dass diese Um
stände zusammen nothwendig den Tod des Kindes immer her- j
beiführen. Im Gegentheiie zeigt die Erfahrung, dass, wenn
das Kind lebenskräftig ist, es im letzteren Falle mit dem Le
ben davon kommen kann. Einige hierher gehörige Fälle sind
folgende: I. Eine Frau von 28 Jahren mit conisch hervorge
triebenem Promontorium gebar zuerst ein todtes Kind. Da R«
bei dieser Geburt nicht zugegen war, kann er über dieselbe
nichts Näheres berichten. Bei der zweiten Niederkunft hatte
die Frau eine sehr gewaltsame Zangenentbindung zu erfahren,
in deren Folge ein Prolapsus Uteri zurückblieb. Auch das
zweite Kind kam todt zur Welt. Auch diese Geburt beobach
tete R. nicht. Dagegen wurde er am 18. Juni 1832 zur drit
ten Entbindung gerufen. Diese Geburt währte im Ganzen 38
Stunden. Erst 12 Stunden nach dem Wassersprunge wurde der
Verf. gerufen. Die Hebamme hatte nämlich so lange keinen
vorliegenden Kindestheil gefunden und deshalb einen Geburts
helfer für unnöthig gehalten. Als R. ankam, hatte sich der
Kopf eingestellt. Er gab in einer Tasse Chamillenthee 10 Tro
pfen Laud. liq. S. t da viele krampfhafte oder falsche Wehen
vorkamen und setzte 3 Tropfen Naphtha aceti zu. Die We
hen kamen nun kräftiger, regelmässiger und nach einer halben
Stunde wurde ein reifes Mädchen geboren, dessen Nabelschnur
2 Mal um den Hals geschlungen war und das ganz apopleetisch
aussah. Alle Rettungsversuche blieben ohne Erfolg. Zu frü-
lies Springen der Blase und Druck des Promontorium auf den
Uterus mochten Irregularität der Wehen und Langsamkeit der
letzten Geburtsperioden bewirkt haben. Nur unter diesen Um
ständen konnte die doppelte straffe Umschlingung der Nabel- |
schnür zum Tode des Kindes mitgewirkt haben. Am 6. Mai
1833 gebar sie endlich zum vierten Male. Diese Geburt dauerte
nur 9 Stunden. R. wurde sogleich nach dem Blasensprunge
gerufen. Die Hebamme behauptete, dass, als sie nach R. ge
schickt — die Entfernung des Orts betrug 1 Stunde — ein
Arm und die Nabelschnur Vorgelegen hätten. Letztere habe sie
zurückgeschoben. Als R. untersuchte fand er keinen Arm, der
Muttermund war erst etwas mehr als Thalersgross geöffnet und
die Nabelschnur ziemlich weit zurück. Die Natur hatte als»
jetzt noch eine Selbstwendung versucht, wiewohl der Ver
such nicht ganz gelungen war, denn der Kopf lag nicht im
Beckeneingange, sondern entsprach mehr dem rechten Darm-
beinkamm. R. hielt es, da er fühlte, dass das Kind noch
lebte und sich bewegte, um dasselbe zu retten, um so mehr
für Pflicht, die Wendung durch eine Art Accouclicment forci
zu machen, da 1) die Wehen ganz ausgeblieben und somit
Vollendung der Selbst Wendung uiclit wohl zu erwarten stand