II. Materia medica und Toxikologie. 411
messenen Wärmegrade und blieb eine halbe Stunde darin sitzen,
und er wiederholte dies des Tages 4 — 5 Mal. Tags darauf
sagte er, dass er sich im Breie mit den Füssen sitzend unge
mein wohl fühle, weil in der warmen Umgebung der Füsse
das unangenehme Gefühl der Kälte sich ganz verlöre und er
die Füsse wieder warm fühle. Nach dem Austritt kehre aber
die Kälte bald wieder zurück. Nach fortgesetzter, fleissiger
Anwendung des Kartoffelbreies hatte sich unter den Füssen die
Fusssohle, eine feste lederartige Masse, losgeweicht und abge
löst und eine neue dünne, empfindliche Haut hatte sich gezeigt,
an der sich die ersten Spuren beginnender Ausdünstung fanden.
Die Füsse erhielten sich jetzt auch ausser dem Kartoffelbreie
warm. Nach 13tägiger Anwendung dieses Bades war vollstän
dige Wärme und Ausdünstung in früher gewohnter Weise wie
der hergestellt und mit Eintritt der wiederkehrenden Wärme
und Schweisse verminderte und besserte sich täglich der innere
Krankheitszustand, so dass 6 Wochen nach der ersten Anwen
dung des Fussbades Pat. sich dem Verf. geheilt vorstellte. Der
mitgetheilte Fall lehrt, was schon hundert Andere früher ge
lehrt haben , wie wichtig die Berücksichtigung alter Uebel, die
kürzere oder längere Zeit vor Eintritt einer neuen Krankheit
verschwunden, unterdrückt oder zurückgetreten sind, sei und
wie wichtig es ist, bei allen neuen Krankheiten sich darum
genau zu bekümmern. Wenn auch der Verf. keineswegs ganz
in Abrede stellen will, dass auch andere feucht-warme Cata-
plasniata eben so gewirkt hätten, so soll ihm doch Niemand
dies jetzt beweisen und so lange dies nicht der Fall ist, vin-
dicirt er dem Kartoffelbrei die Ehre und trägt auf Aufnahme
desselben in die Materia medica an. Immerhin aber möge auch
ein anderer Breiumschlag ähnlich wirken, einen Vorzug behält
er doch immer: den der Wohlfeilheit. Endlich, da man fast
immer bei unterdrückten Fussschweissen Trägheit, Unthätigkeit
und Lähmung gewohnter Zustände voraussetzt und daher meist
immer zu Wiederherstellung derselben trockne, Veizende Mittel
wählt, so liegt schon Verdienst darin, auf eine entgegenge
setzte Methode die Aufmerksamkeit zu lenken. [Horn's Ar
chiv. f. medic. Erfahrung. 1836. Sept. Oct.]
171. Ueber Anwendung des Eises in der Fr-
hri,s puerperalis; von I)r. Michvei.ts in Kiel. Bei einer
Krankheit, wo nach den Sterblicbkeitslisten grosser Anstalten,
die genügende Behandlung noch nicht gefunden ist, wenn auch in
einzelnen Epidemieen sich ein Curplan besonders hülfreich er
wies, bedarf es wohl kaum einer Entschuldigung, wenn der
Verf. seine Versuche über die noch wenig verbreitete Behand
lung mit Eis, ungeachtet der beschränkten Erfahrung, schon ver
öffentlicht. Es treibt ihn dazu der Wunsch an, Andere zu
gleichen Versuchen dadurch aufzufordern, da der billige Leser
wenigstens so viel aus den freilich nur theilweise gelungenen