I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 389
ihrem Wesen verkannt, und falsch behandelt werden. Denn
Wenn es richtig ist, dass in beiden der Ausschlag nur ein
Symptom ist, und nur eine einzelne Richtung der kritischen
Bestrebung der Natur andeutet, so kann eine unzeitige und
Voreilig durch die Kunst herbeige führt Heilung nur eine falsche
Kunst, ja da Gegentheii von Kunst bezeichnen, die. iliren
Zweck nicht kennend, das, was sie schützen und fördern
sollte, mit rohen Händen zertrümmert. Aber auch die ärgsten
Sünden macht eben diese heilige Natur so oft wieder gut; und
dies ist die zweite Bemerkung, die sich uns herausstellt. Ihre
Kraft, ihre lebendige Wirksamkeit ist immer zu wenig noch
von den Aerzten anerkannt und ausgesprochen; immer noch
zeichnet man nur einzelne Fälle dahin gehörig als curiosa auf,
als ob nur in einzelnen Fällen die Heilkraft der Natur sich be
urkunde, und nicht jede Heilung ein Werk der Natur sei, die
von der Kunst nur unterstützt wird. Natura medetur, vietli-
cus curat! Jedoch ist nicht zu verkennen, dass man eben
jetzt sie höher zu stellen, höher zu würdigen sich bestrebt.
Und wenn es irgend ein Princip giebt, das ein System der
Medizin, ein unvergängliches, begründen kann, auf die Heil
kraft der Natur muss es sich stützen! Nicht zu irren glaube
ich, wenn ich annehme, dass es eben die Aufgabe unserer
Aera sei, ein auf dieses Princip gestütztes System, zu welchem
ja schon Hippocrates die Säulen baute, zu vollenden! Meine
Medication in dem vorliegenden Falle anlangend, habe ich mir
später Vorwürfe gemacht, dass ich bei der geringen Wirksam
keit, welche das Fontanell entwickelte, nicht die Brecfnvein-
steinsalbe anwendete; sie, die mir später in einigen Fällen zur
Wiederhervorrufung zurückgetretener, chronischer Hautaus
schläge die schönsten Dienste leistete, würde vielleicht die Na
tur unterstützt haben, eher das erst so spät erreichte Ziel zu
erringen. Die Aqua chlorinica, welche ich bei Behandlung
von fauligten und nervösen Fiebern, brandiger Halsentzündung
und Eiterung der Brust- und Unterleibsorgane als ein herrli
ches Mittel schätze, kann ich nur dringend empfehlen. In vie
len Fällen, wo man neuerdings das Kreosot empfiehlt, vertraue
ich fast mehr der Aqua chlor, und dem Chlorkalk ; doch habe
ich allerdings jenes neuere Mittel, als noch nicht hinlänglich
geprüft, zu selten und nur äusserlich angewendet, so dass ich
in diesem Puncte jedem andern Uriheile das meinige noch un
terwerfen muss.
160. Ueber die mit Polycholie und Gallenstö
rungen verbundenen Pleuresieen; von Dr. Buechner
in Kirchenlamitz. v. Walther sagt in seinen Aphorismen
Cent. I, 13.: bei eiternden Wunden und Geschwüren bringt
Polycholie und Gallenergiessung vollen, harten Puls, Präcordial-
angst, Kopfschmerz, starke Hitze, kurzes, beschleunigtes Athein-
holen und andere sehr beunruhigende Symptome hervor, die