II. Materia inedica und Toxikologie. 345
r keit verlieren. Im put bereiteten Extracte sind zwar die fixen
- Bestandteile der Pflanze grossentheils wenigstens enthalten;
l die flüchtigen gehen aber während der Zubereitung fast ganz
r verloren. Verfährt man indess dabei nicht mit der nötigen
• Vorsicht, stf werden auch die auflöslichen fixen Theile bald
I Wehr bald weniger zerstört. Das vorsichtig getrocknete und
1 pulverisirte Kraut enthält alle weniger flüchtigen Bestandteile
Und kann, gehörig aufbewahrt, lange wirksam bleiben. Das
Heilsame der Euphrasia liegt aber nicht nur in den fixen, son
dern auch in den flüchtigen Bestandteilen. Am meisten muss
dasselbe wohl im Augentrostweine geschwächt werden, dessen
Bereitung darin besteht, dass man das Kraut mit Weinbeermost
übergiesst und ihn der Fermentation überlässt. Nach Beendi
gung derselben wird der entstandene Wein hell, abgezogen
Und aufbewahrt. Der so entstandene Augentrostwein war be
sonders in Frankreich und in der Schweiz beliebt. Wie das
Extracte nur die fixen, so enthält das über Augentrost abgezo
gene Wasser nur die flüchtigen Bestandteile desselben, die,
Wie schon Geoffroy angab, sehr zersetzbar sind. Erwägt
Wan diese verschiedenen, zum Theil wenig wirksamen Formen,
so kann die Unsicherheit und das Widersprechende in der An
zeige zum Gebrauche dieses Mittels nicht befremden und es
wird erklärlich, dass man dasselbe zuletzt ganz vergass. Keine
der angeführten Formen, unter welchen bisher die Euphrasia
officinalis angewendet worden war, konnte dem genügen, der
die sämmtlichen Heilkräfte der ganzen Pflanze in einem Medi-
camente vereinigt wünschte. Ungeteilt können dieselben nur
im schon früher angewendeten ausgepressten Safte des bis zur
Blüte entwickelten ganzen Krautes enthalten seyn. Aber die
frischen Kräutersäfte halten sich nur kurze Zeit und können
längere Zeit nur durch Zusatz des reinsten Alcohols vor Ver-
derbniss geschützt werden. Dass über frische Euphrasia ab
gezogene Wasser wird indess von den Alten so gerühmt, dass
es wohl der Mühe wert!) war, auch damit Versuche anzustel
len. Ausserdem sollte auch die Wirkung des, getrockneten
Kräuterkisschens geprüft werden. Einige der Berliner Apothe
ker wurden mit diesen ärztlichen Anforderungen bekannt ge
wacht und veranlasst, die auf Wiesen und Anhöhen wild wach
sende, im Juli, August und Septbr. blühende Pflanze zu trock
nen und aus derselben, wie folgt, Tinctur und Wasser zu be
reiten. Tinctura Euphrasiae officinalis. Die im Juli zwischen
7 und 8, im August zwischen 8 und 9 und im Septbr. zwi
schen 9 und 10 Uhr an einem heitern Tage gesammelte ganze
Pflanze w'ird zerschnitten und dann in einem Mörser zürn fein
sten Brei zerstampft; dann in einem Tuche mit hölzerner Presse,
oder auch bloss mit den Händen ausgepresst, der abgelaufene
Saft mit gleichen Theilen des reinsten Alcohols versetzt und
unfiltrirt als Tinct. hb. jlondae Euphrasiae officinalis zum