28
II. Matena medica und Toxikologie.
8. Merkwürdige Wirkung des Kreosots; von
Dr. BoTTMAifsr zu Vietz. (Aus amtl. Berichte.) Eine alte,
I wohlbeleibte Frau in den 70 er Jahren litt schon lange an Über
baus starkem Oedem beider Unterschenkel, wodurch das Gehen
unmöglich wurde. Dabei hatte sie Tag und Nacht reissende
Schmerzen in den Fiissen und unregelmäsige, mitunter recht
heftige Fieberanfälle. Appetit, Verdauung und Ausleerung wa
ren ungestört. B. hatte schon mancherlei innere und äussere Mit
tel erfolglos gegeben, als er endlich versuchsweise Kreosot Um
schlagen liess. Die Wirkung war auffallend. Ohne dass er
* bei der sorgsamsten Beobachtung ein erklärendes Symptom be
merkte, trocknete die Geschwulst der Fiisse förmlich ein und
, fiel bald so zusammen, dass die Fiisse in dem Maasse dünn
wurden, als sie vorher dick und angeschwollen waren. Innere
Störungen entstanden dadurch nicht im Geringsten, vielmehr
befand sich die alte Frau besser und gesunder als lange vorher.
jAuch die oft wiederkehrenden Fieberanfäile traten nicht von
Neuem auf. [3Ied. Zeit. v. Vereine f. Heilk. in Pr. 1830.
Nr. 49.]
9. Restauration zweier alten Medicam ente;
vom Kreisphys. Dr. Beckeii in Mühlhausen. Wie dankbar
auch die Fortschritte der Chemie anzuerkennen sind, so ist
doch auch gewiss, dass der Arzt ein anderes Interesse bei der
Arznei hat, als der Chemiker und Letzterem als Nebensache
erscheinen kann, was Ersterein gerade Hauptsache ist. Darum
ist es an der Zeit, dass die Aerzte sich der Arzneien wieder
annehmen, um dem Chemiker sagen zu können, was sie brau
chen und was sie wollen und dieser wird bei der jetzigen ho
hen Ausbildung der Chemie die Schwierigkeiten zu überwinden
wissen, um dem Bedürfnisse abzuhelfen. So Hand in Hand
werden beide Wissenschaften sich gegenseitig unterstützen, be
reichern und ehren. Der Verf. erinnert nur an 2 Mittel, von
denen man das eine nicht echt und das andere gar nicht mehr hat
und denkt später noch mehr zu geben. 1) Oleum animale
Dippelii. Dippel beschreibt es als ein Oel von angeneh
mem gewürzhafiem Geschmacke und durchdringendem Gerüche.
Er destillirte das Thieröl ohne allen Zusatz so oft, bis kein
schwarzer Rückstand mehr blieb, wozu wenigstens 15 Destilla
tionen nöthig waren. Nach seiner Erfahrung stillte es Schmer
zen und Krämpfe und machte Schlafe Er gab es gegen Wech
selfieber vor dem Anfalle bei leerem Magen zu 30 — 40 Tropfen;
die Kranken schliefen danach oft 15 Stunden ganz sanft mit
blühendem, frischem Gesichte und das Fieber blieb aus. Ein
von den fürchterlichsten Convulsionen herumgeworfener Mensch
schlief danach 30 Stunden und fühlte sich nach dem Erwachen
ganz wohl. Gleich wirksam fand Dippel das Mittel bei Gicld
und Podagra. Friedrich Hoff mann machte nur 12 Destil*
Iationen und erhielt ein Oel von lieblichem Gerüche und durch-
c
]
t
t
I
i
«
i
n
(
s
e
r
a
\
C
f
I
I
t
s
s
£
C
l
r
I
]
(
l
i
i
f
5
1
J
{
f
t
\
i
1
1
1