318
IV. Gynäkologie und Pädiatrik.
jener Gefasse, auf die entweder Mährend des letzten Geburts
ortes, seltener schon zuvor, Blutgeschwulst einer oder der an
dern Schaamlippe, selten beider zugleich, entsteht, welches»
gross wie eine Kindesfaust, ja wie eine Manosfaust und drüber
M eiden kann. Die Farbe ist verschieden: je. nach der Dauer
kann sie ein rothes, dunkles und selbst in kurzer Zeit ein
schwarz-blaues Aussehen haben. Dasselbe gilt von ihrer Em-
plindlichkeit: sie kann ganz unemplindlich, kalt, weich und
schwappend, aber auch, und dies meist, mit so heftige»
Schmerzen begleitet seyn, dass beim geringsten Druck darauf
Ohnmächten entstehen können. Von 8 solchen, seit über 12
Jahren von T. beobachteten Blutgeschwülsten der Schaamlippen
sah er 5 nach zwar nicht ganz leichten, aber regelmässigen
Geburten, Mährend und nach Beendigung derselben entstehen;
in 2 Fällen erschienen sie nacli künstlichen Geburten, wovon
bei einer wegen Querlage des Kindes Wendung, bei der an
dern die Zange erforderlich war. In einem im März 1836 be
obachteten Falle entwickelte sich eine solche sehr grosse Blut-
geschwulst in Folge eines geborstenen Varix, noch ehe die Ge
burt beendigt war. Nachdem hier die über Mannsfaust grosse
Blutgeschwulst der linken Schaamlippen sich gebildet, und die
Kreissende die Wehen wegen der heftigen stechenden Schmer
zen nicht mehr verarbeiten konnte, wurde sogleich T. geholt.
Die Diagnose fiel hier, wie die Ursache, in die Augen. Die
Frau hatte vor der Mitte ihrer beschwerlichen Schwanger
schaft an einer Menge zum Theil grosser Blutaderknoten beider
Füsse gelitten, woraus zn schliessen war, dass sie auch V a-
ricea uteri gehabt, von denen einer durch Drnck des Kindes
kopfs geborsten und die Blutgeschwulst erzeugt haben musste.
Um einer drohenden, vielleicht dem Leben gefährlichen Metror
rhagie vorzubeugen , entband T. die Kreissende bei ganz nor
maler Lage des Kindes so schnell, als nur immer möglich,
nach-Gsiander’s Rathe. Da jedoch das Anlegen des einen
Zangenblatts, wenn auch gerade nicht unmöglich, doch gewiss
sehr schmerzhaft und durch Aufdrücken der Blutgeschwulst
hätte lebensgefährlich werden können, so öffnete der Verf.
letztere zuvor mit Lanzette, entleerte das dunkelschwarze
Blut und verhinderte die Nachblutung durch starke Compression
mit einem in Essig und kaltes Wasser getauchten Schwamme.
Ausserdem erhielt die Frau Tinct. adstring. mit Tinct. opii
und später mit ElLv. et cid. Halleri in einem Schleime. Nach
der Geburt entfernte der Verf. sogleich die Nachgeburt, damit
sich der Uterus früher zusammenziehe und liess die Frau hori
zontal legen. — T. brauchte hier weder längeres Tamponiren
noch eine Ligatur, noch auch die sonst in derartigen Fällen mit
Glück von Delpech, Jobert u. A. angewendete Torsion der
Gefässe, obgleich er darauf gefasst war, dass er das Tampo-
niren entweder lange werde iortsetzten, oder die andern Mit-