Full text: (Neueste Folge, Band 4 = 1837, No 1-No 8)

II. Materia medica und Toxikologie. 
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Appetite, ausser Suppe und Mehlspeise, etwas Fleisch mit sau 
rer Sauce und Salat genossen und während des Essens wegen 
eines moralischen Vergehens verdiente Zurechtweisung erlitten 
hatte, nahm er unmittelbar nach Tische ein Fläschchen mit 
einer Drachme reines Strychnins mit sich auf sein Zimmer, goss 
den grossem Theil davon in ein Glas mit Wasser und trank 
dieses aus. Im Fläschchen, das man später fand, blieb nur ein 
Scrupel reines Strychnin zurück, so dass er somit, nach Abzug 
einiger, an den Wandungen des Glases hängen gebliebener 
Ueberreste, gegen 2 Scrupel reines Strychnin genommen hatte. 
Bald danach kehrte er aus seinem Zimmer zurück und trank 
etwas Wein mit Mineralwasser, wonach er sogleich die ersten 
Wirkungen des Gifts empfand. . Während er noch einige Mi 
nuten im Zimmer umherlief, bemächtigte sich seiner grosse Angst 
Und Unruhe, er bereute das Vorgefallene und verlangte, ob 
gleich er sich für unrettbar hielt, ärztliche Hülfe und legte sich 
zu Bette. Ungefähr eine Viertelstunde nach Genuss des Giftes 
traf B. bei dem Vergifteten ein. Man erzählte dem Verf. 
das bisher Erwähnte und theilte ihm mit, dass Pat. bereits 
4 Gran Tart. einet, mit Milch erhalten habe, worauf ein ganz 
unbedeutendes Erbrechen von einem Munde voll Flüssigkeit ein 
getreten sei. Der Unglückliche lag bereits mit etwas nach hin 
ten gezogenem Haupte völlig ausgestreckt, steif und unfähig 
sich zu bewegen, in Rückenlage auf dem Bette, mit steter Nei 
gung nach rechts sich zu wenden und nur noch tähig, die obern 
Extremitäten frei zu bewegen. Das Gesicht war blass, ver 
stört, die Hauttemperatur normal, der Puls schnell, zusaminen- 
gezogen. Er war völlig bei sich und sprach mit unveränderter 
und lauter Stimme über seinen Zustand, wobei er Anfangs nur 
auf einige Augenblicke durch eine eintretende, doch schnell 
Vorübergehende Spannung im Unterkiefer in der Fähigkeit 
schnell und leicht zu sprechen, gestört, doch nicht eigentlich 
unterbrochen wurde. Auch in dieser Spannung des Unterkie 
fers konnte er den Mund bis auf einen gewissen Grad eröffnen 
und er verschluckte leicht das ihm gegebene Getränk. Mit 
öfterem Eintritte dieses beginnenden Trismus wurde derselbe 
nicht nur immer stärker, sondern die krampfhafte Spannung 
dehnte sich bald auch auf die Muskeln der Respiration aus. 
Hie Brust W’urde gepresst, das Athmen ungleich und aussetzend, 
'vorauf eine Anzahl kurzer, schnell auf einander folgender fol 
gender Athemzüge mit kleinem unterdrücktem , schnellem Pulse 
ei, <traten. Man versuchte in dieser ersten Periode vergebens, 
durch stärkere Gaben Tart. einet., so wie durch Ritzeln des 
Schlundes mit dem Barte einer Feder Erbrechen zu erregen. 
Letzteres rief im Augenblick den Trismus von Neuem hervor 
und verhinderte durch unwillkürliches Zusammenbeissen mittelst 
der Zähne das tiefere Einführen der Feder. Eben so blieben 
die spätem Mittel ohne Erfolg, als welche innerlich Jodtinctur
	        
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