274 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
längere Pausen machten, dann beständig fortdauerten und zu
letzt von Zittern begleitet waren. Mehrere Tage später, als
der rechte, fing auch der linke Arm zu zucken an, doch wa
ren die Krämpfe rechts immer stärker. Die Gesichtsmuskeln
blieben wie die der untern Extremitäten immer ruhig. 7) Die
Gangliennerven des Unterleibs zeigten die erhöhte Thätigkeit >
blos durch antiperistaltische Bewegung des Magens. S) Hirn-
symptoine. Das Hirn war die ganze Krankheit hindurch in
grosser Aufregung. Selten trat Schlaf ein lind nur kurz, selten
Buhe. Pat. wollte bald hoch, bald niedrig, bald rechts, bald
links liegen; sie sprang aus dem Bette und wünschte gleich
wieder herein und warf die Decke von sich; als der Puls
kaum noch iiihlbar war, stand sie auf und wollte sich nicht
halten lassen; bald bestand sie heftig darauf Jemanden zu spre
chen und wenn derselbe kam, war er ihr gleichgültig oder zu
wider; die Wärterinnen konnten nichts recht machen und nur
immer Wasser fordernd, wollte sie keine Medicin nehmen.
Als St. ihr am ersten März, um die Hirnaufregung zu mildern,
gegen ihre Zustimmung wiederholte kalte Uebergiessungen, die
sie früher immer erleichtert hatten, machen Iiess, gerieth sie in
solche Aufregung, dass sie von Arzt und Medicin nichts wissen
wollte. An diesem Tage beabsichtigte der Verf., um den Ere- >
thismus des Hirns zu mindern, einen Aderlass, doch Pat. stiess
ihn von sich und seine Gegenwart vermehrte sichtbar die
Krämpfe. Er schlug deshalb der Familie vor, einen andern
Arzt, den Prof. Varrentrapp, zu nehmen, der seine An
sicht über den Sitz des Uebels theilte und von nun mit dem
Chirurgus Vogt Pat. sah. Von diesem Hess sie sich den Ader
lass gefallen, der auch auf kurze Zeit sowohl Minderung des
«•ethischen Zustandes im Hirne, als geringen Nachlass der Zu
ckungen, so wie regelmässigen Puls bewirkte. Die weitere Be
handlung musste im Nebenzimmer besprochen werden, weil Pat. seit
dem Sturzbade durchaus nichts mehr vom Verf. wissen wollte.
Ausser jener Heftigkeit in Begehrungen und Handlungen zeig
ten sich zuweilen, besonders beim Einschlummern, gelinde Deli
rien und gegen das Ende mitunter Bewusstlosigkeit. Doch
kehrte in den beiden letzten Tagen mit dein bestimmten Ge
fühle des nahen Todes klares Bewusstsein und grössere Ruhe
des Gemüths zurück. 9) Symptome in den Sinnesorganen.
Das Gesicht litt am wenigsten. Bios im Anfänge des Uebels
war, obgleich die Pupille sich immer auf Lichtreiz zusammen-
zog, das Sehvermögen durch sympathische Exaltation ergriffen,
Pat. sah doppelt, hatte Lichterscheinungen und es traten Ge
stalten vor ihre Einbildungskraft, die aufhörten, als die zucken
den Bewegungen der Muskeln begannen. Besonders verändert
war der Geruchssinn und Pat. klagte, ausser dem Durste, über
nichts so sehr, als über den garstigen Geruch, den sie, als sie
dies nahm, mit dem Geschmacke des Castoreum verglich. Die