262 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
oder weniger Zittern verbunden, wobei grosse Aufregung des
Gefässsystems in den Hirnhäuten, oder der Hirnsubstanz, oder
in beiden zugleich zugegen ist, mit einein Worte, Hirn - und
Nervenreiz sind mit mehr oder weniger Entzündung und Con-
gestion verbunden. Die Beschreibung des Uebels stimmt mit
der weiter unten angegebenen des Verfs. sehr überein, nur
sagt Roots, er habe oft Diarrhöe gefunden, die S. nie be
merkte. Ferner sagt er, die Zunge sei meist weiss belegt,
Morin ihm S. ebenfalls nicht beipflichten kann. Ueberdies fügt
Roots noch hinzu, dass das Uebel sowohl durch übermässigen
Genuss starker Getränke, als auch durch plötzliche Entbehrung
derselben entstehe, auch bei Personen vorkomine, die an grosse
Gaben Opium gewöhnt, dieses plötzlich w egliessen; ferner
zeigten sich dieselben Symptome nach grossem Blutverluste
und in typhösen Fiebern, womit man das vergleichen muss,
Mas Neumann sagt, nämlich: die in Rede stehende Krank
heit komme nach scheinbarer Genesung von gastrischen Fiebern
vor, ohne von Spirituosis abzuhängen, die Heilung folge auf
beruhigende Mittel, besonders Hyoscyamus und Blutentziehun-
gen, Brechmittel und Opium wirkten sehr nachtheilig. Die
Sectionen zeigten nach Roots beim Mahren Delirium tremens
nie Entzündungsspuren. — Die Diagnose des Uebels ist nicht
schwer, denn wer sich von der Anamnese unterrichtet und das
Uebel nur ein Mal gesehen hat, wird es wohl nie M’ieder ver
kennen. Auch wird das Uebel, wenn sich die Anfälle nicht
schon zu oft wiederholten und die Constitution durch Trunk
nicht ganz zerrüttet ist, meist geheilt. Wie oft ein Mensch
Anfälle vom Delirium tremens ertragen kann, ohne dass die
Gesundheit ganz zerrüttet wird und die Verstandeskräfte leiden,
vermag S. nicht zu beurtheilen. Nach einem 3. Anfalle, den
ein junger, kräftiger Mann in einem sehr kurzen Zeiträume er
litt, bemerkte S. als Folge nur eine Wochen lang anhaltende
Magenschwäche, die Geisteskräfte aber hatten durchaus nicht gelit
ten. — Die allgemeinen Erscheinungen des Delirium tremens
sind folgende: Pat. befindet sich schon lange vor dem Anfalle
nicht recht wohl, empfindet Unbehaglichkeit, wird unruhig,
zerstreut, spricht oft mit sich selbst unzusammenhängend, kurz
vor dem Anfalle ist der Geist von eingebildeten Berufsgeschäf
ten so eingenommen, dass er die Umgebung M’enig beachtet,
und endlich treten förmliche Visionen ein. Pat. sieht fremdar
tige Gestalten , Menschen, Thiere, besonders Mäuse, hört Stim
men, unterhält sich mit nicht vorhandenen Personen und'kennt
zwar die Umgebungen, wenn sie sich bemerklich zu machen
suchen, doch erst nach langem Besinnen. Füglich könnte man
diesen Zustaud mit dem eines Träumenden vergleichen, der
von Zeit zu Zeit aus demselben erwacht, immer aber wieder
in denselben zurückfällt. Förmliche Wuthanlalle sind sehr sel
ten. S. möchte behaupten, dass sie nur ausnahmsweise dann