Full text: (Neueste Folge, Band 4 = 1837, No 1-No 8)

210 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 
Blutung den Katheter in die Blase einzuführen, was denn end 
lich auch gelang. So gut auch Pat. abgewartet wurde, so riss 
er sich doch selbst den Katheter heraus, wodurch neue Infilna* 
tion entstand. Mit Mühe wurde der Katheter wieder eingeführt 
und der Urin sofort entleert, so dass nur zuweilen neben ihm 
Urin durch die Wunde floss. Vom 19—21 Dec. befand sich 
Pat. hoffnungslos. Er war, wie schon angegeben, an typhö 
sem Fieber erkrankt, das durch Verhaltung des nur tropfenweis» 
entleerten Urins noch gesteigert worden war. Er lag besinnungs 
los da, ohne Theilnalune an dem, was ihn umgab, sprachlos» 
mit halbgeschlossenen, rollenden Augen. Oie Zunge war schwarz» 
trocken, und Zahne und ganze Mundhöhle mit schwarzem, kle 
brigem, festansitzendent Schleime überzogen. Der Puls waf 
schwach, leer und oft gar nicht zu fühlen, die Haut kalt und 
schwärzlich. Faeces wurden unwillkürlich entleert. Nach Allem 
war der Moschus hier angezeigt und der Erfolg überraschend. 
Pat. erwachte am 4. Tage aus jenem lethargischen Zustande» 
nahm wieder Theii an seinen Umgebungen, und die critischen 
schwarzen Darmausleerungen brachten sichtlich grosse Erleichte 
rung, so dass nach einigen Tagen der Knabe, abgesehen von den 
noch drohenden Folgen der Operation, ausser Gefahr schien. Jetzt 
wurde ein stärkerer elastischer Katheter eingeführt, der keine» 
Harn neben sich vorbei fliessen liess. Allein nun stellten sich 
sämmtliche bekannten Zufalle der Harninliltration ein. Am Ho 
densacke entstand brandige Entzündung: man machte deshalb an 
der abhängigsten Stelle eine Gegenölfnung, durch die man stin 
kende Jauche und später abgestorbenes Zellgewebe entleerte 
und hervorzog. Auch am Bauchringe zeigte sich in Folge der 
Harninliltration ein Abscess, den mau jedoch bald durch Ein 
schnitt und Corapression beseitigte. Brandige Stücke der Schei 
denhäute wurden aus der Wunde entfernt. Nach Injection von 
Der. Chinae mit Tinct. myrrh, sah man nach einiger Zeit gute 
Granulation. Von 7 zu 7 Tagen wurde ein neuer Katheter 
eingelegt, und so neue Infiltration verhindert. Zu bemerken 
dürfte noch seyn, dass, obwohl Pat. im Verhältnisse zu den 
überstandeneu bedeutenden Leiden sich wohl und fieberfrei be 
fand und nur Abends Symptome einer febris leiita zugegen wa 
ren, er doch den grössten Widerwillen gegen jede Nahrung batte 
und man ihm nur mit Mühe etwas Suppe beibrachte: eine Er 
scheinung, die auch Andere bei Krankheiten der Harnwege 
wahrnahmeH. Wegen des Abends zu beobachtenden Fiebers 
wurde Dec. Chinae verordnet, das man später, um die Ver 
dauung anzuregen, mit Elix. aurant. comp, und Tinct. chin- 
comp, mit einem aromatischen Wasser verwechselte, worauf sich 
auch der Appetit wieder entstellte. Das Scrotuin bekam nun 
immer mehr seine natürliche Form wieder, doch blieb wegen 
gangränöser Zerstörung des sämmtlichen Zellgewebes und der 
Scheidenhäute noch ein leerer Raum im Verlaufe des Saineu
	        
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