158 I» Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
zweifelt! aber ist es nicht (so schrieben wir 1832), dass von
den Choleraw olken vereinzelte sich noch in Menge in den höch
sten und mittlern Regionen der Atmosphäre befinden mögen;
noch jahrelang wird daher die Krankheit in den ein Mal über
zogenen Ländern bald hier, bald dort wieder auftauchen; ihr
Gang wird seine Regelmässigkeit verlieren; und ihre Epidemieen
werden im Ganzen kleiner und kleiner werden, zuletzt in spo
radische Fälle übergehen und endlich spurlos verschwinden«
Wird es aber in einiger Zukunft nur noch eine sporadische,
asiatische Cholera geben, und gab es schon, ehe noch die neue
asiatische Paudorabiichse sich geöffnet hatte, eine einheimische,
europäische, fast immer nur sporadisch verkommende, nicht
durch einen speciellen Stoff, sondern durch allgemeine Ursachen
hervorgerulene Choleraform, so wird hinführo im einzelnen Cho-
lerafaile die Diagnose den ganzen Scharfsinn des herbeigerufe
nen Arztes in Anspruch nehmen, um zu entscheiden, ob die
concrete Krankheit ihren Ursprung der früheren civilisirten, oder
der spätem barbarischen Seuche, oder beiden zugleich zu dan
ken habe. Resultate: 1) Die Cholera musste sich ursprünglich
nach allen 4 Himmelsgegenden verbreiten« 2) Die Cholera, auf
der nördlichen Erdhalbkugel entstanden, musste sich iin Gros*
sen nordwestlich und mit dem Theile des Miasma, der den
Aequator überschritt, südwestlich verbreiten. 3) Die Cholera
musste sich längs der getroffenen Flüsse fortschleichen. 4) We
der Gebirge, noch Militärcordons konnten die Cholera aufhal*
teil* 5) Die Jahreszeiten konnten einen merklichen Einfluss
auf die Cholera nicht ausüben. 6) Regengüsse, Gewitter und
.Schlachten konnten die Cholera herbeiführen oder verschlim
mern. 7) Je nördlicher, desto schneller musste die Cholera
wandern. 8) Zuletzt musste die Cholera auf ihrer Wanderung
im Grossen eine direct westliche Richtung verfolgen. 9) Zu
allen Zeiten konnte die Cholera Sprünge machen. (Der Schluss,
die Pathologie und Therapie der Cholera enthaltend, folgt im
nächsten Hefte.)
63. Beobachtungen bei B r ec h r üh r kr a n k en in
München; vom O. A.-Arzte Dr. Schaettle in Ravensburg.
S.j der sich vom 13. bis 18. Nov. 1836 in München auf hielt,
konnte daselbst hinsichtlich der Cholera lolgende Beobachtungen
machen. Die ins Militärspital gebrachten Soldaten litten ge
wöhnlich schon mehrere Tage an gallichter Diarrhöe, wonach
sie plötzlich von allgemeiner Abgeschlagenheit der Glieder,
krampfhaften Zusammenziehungen der Waden, Oberschenkel
und Oberextremitäten befallen wurden. Einige derselben beka
men Brechreiz, andere wirkliches Erbrechen einer dünnen, weiss
grauen Masse, in der sich etwas mehr weisse Flocken befan
den. Die ausgebrochenen Massen betrugeu meist in einigen
Stunden 4 — 6 Schoppen. Auf jedes Erbrechen trat Erleichte
rung in der Regio epigaslrica eiu, auch wurde auf einige Zeit