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II. Matena medica und Toxikologie.
wirkliches Erbrechen, besonders Avenn das Kind aufgerichtet
wurde, wobei das Entleerte mehr Getränk, als Speise war.
Endlich folgten auf hartnäckige Verstopfung grasgrüne Sedes
und Zähnknirschen, die Temperatur der Stirn und Nackenge
gend war erhöhet, während die Extremitäten sich kalt anfühlten, der
Knabe wurde gegen Licht und Geräusch sehr empfänglich, die
Respiration war erschwert und Remission und Exacerbation des
Fiebers nicht zu verkennen. Th. liess während dieses Sta
diums für kühlendes Regim und namentlich grosse Ruhe, kühle
Atmosphäre, Abhaltung von starkem Licht, verdunkeltes Kran
kenzimmer, hohe Kopflage aus Rosshaar und Vermeidung al
ler erhitzenden Speisen und Getränke und psychischer Eindrü
cke sorgen. Hinter die Ohren und an die innern Augenwinkel
wurden Blutegel gesetzt, auf den abgeschorenen Kopf kalte
Umschläge bei erhabener Lage desselben gemacht und innerlich,
um Ableitung der Säftemasse und Nerventhätigkeit vom Hirn zu
bewirken, Kalom. in kleinen oft wiederholten Gaben mit Magn.
carb. und Nitrum und später mit Jalappe gegeben, iiberdiess
Senfteige auf die Füsse und eröffnende Klystiere aus Essig
mit Mucilaginosis angewendet, die Blutegel wiederholt und als
die Eutziindungszufälle gelinder wurden, um die Exsudation zu
verhüten, ein Vesicator in dem Nacken unterhalten und dem
Kalomel Digitalis zugesetzt. Dessen ungeachtet ging das erste
Stadium ins zweite, in das der Exsudation über. Auch in die
sem waren Anfangs noch Exacerbationen und Remissionen des
Fiebers zugegen und man musste bei ersteren, die jedoch nur
kurz waren, so lange die Säfte nach dem Hirn turgescirten,
mit den Antiphlogisticis fbrtfahren, in der Remission dagegen
substiluirte man der antiphlogistischen Methode diuretische,
krampfstillende , diaphoretische und wendete daher Flor.
Zinc. Crem. tart. borax. Spir. nitr. fumam Tiiict. canlh.
und Colocynthidis, Inf. Digit, purp, und später Senega an,
doch Alles vergebens: der Knabe wurde ganz ruhig, blieb auf
einer Stelle liegen, gab kaum noch ein Lebenszeichen von sich,
die Augen blieben ganz starr und halb geschlossen und wur
den nur selten krampfhaft verdreht, der Unterleib W’ar ver
stopft, die Haut ganz trocken, der Puls langsam, aussetzend,
schwach, der Kopf wurde in das Kopfkissen eingebohrt, der
Urin ging unwillkührlich ab und der Tod schien gewiss. Die
ser Zustand hielt 8 volle Tage an und dann erst fügten sich
die Eltern dem Verf. und liessen die kalten Begiessungen, ge
gen die sie grosse Abneigung hatten, anwenden. Dieselben
Wurden, während man Nacken und Schultern durch Wachstuch
geschützt hatte, von bedeutender Höhe auf Stirn und Scheitel
in dünnem Strahle angebracht, jedes Mal eine halbe Stunde
fortgesetzt und alle 2 Stunden wiederholt. Schon bei der zwei
ten Begiessung verzog der Knabe das Gesicht und schrie ängst
lich auf und nachdem man dieselben wenigstens 10 Mal ge-