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II. Materia medica und Toxikologie.
Hand- und Kniegelenke, letztere auch bei leiser Berührung seht
schmerzhaft und, die Bewegung des Körpers Mar fast unmög
lich vor Schmerz, so dass Pat. immer nur grade ausgestreckt,
auf dem Rücken liegen konnte, die Menstruation aber regel
mässig. Ehe das Mädchen sich an M. wendete, waren schon
mehre starke Aderlässe gemacht worden. Der -Verf. verordnete
Kreos. gtt. vj. in Etnuls. amygd. sjvj. Die Ordination schallte
w enig Nutzen. 8 Tropfen in demselben Vehikel befreiten Hand-
und Schulterddenke von Schmerz Und machten sie leichter
beweglich. 'Aber in den Kniegelenken blieben Anschwellung
und Schmerz so lebhaft, dass an Schlaf nicht viel zu denken
war. M. nahm nun zu derselben Menge Vehikels 10 gtt. Kreo
sot, gab Abends ein Dover’sches Pulver, liess Vesicatorstrei-
fen rund um die Gelenkköpfe der Tibia und Fibula legen und
in die Kniegelenke graue Salbe einreiben. Die Nacht wat
darauf ruhig, doch war das Leiden im Kniegelenke noch immer
sehr heftig. Später erhielt Pat. das Kreosot in Pillen nach
Reich’s Vorschrift und zwischen durch, zuweilen auch eia
Do v er’sches Pulver. Die Kranke erholte sich wirklich jetzt so
weit, dass sie täglich gut eingepackt gegen eine Stunde auf einem
Lehnstuhle sitzen konnte. Nach einigen Tagen aber kehrte das
Uebel zurück, wahrscheinlich durch neue Erkältung, wie früher,
Unter heftigem Schmerze schwollen die Kniegelenke wieder auf und
die Kranke konnte nur sehr wenig schlafen. Als die Angehö
rigen dem Vevf. dies meldeten, sagten sie zugleich, dass man
nun sehen wolle, was die Natur ohne die Kunst vermöge.
Nach längerer Zeit starb das Mädchen durch gänzliche Vernach
lässigung an hectischem Fieber, nachdem vorher noch starker
Decubitus am Kreuze sich gebildet hatte. Wollte M. weitläuf
ig werden, so könnte er noch mehrere Fälle anführen, in wel
chen er bei fieberhaftem Rheumatismus das Kreosot mit Nutzen
(gab. Viel grossem Nutzen als im fieberhaften vagen Rheuma
tismus sah er aber von diesem Mittel da, wo sich der Rheu
matismus nur in einem einzelnen Theile fixirt hatte und keine
stürmische Aufregung im Gefässsysteme zugegen war. Dies
w ird sich aus Folgendem ergeben: 3) den 13. April 1835 w urde
M. zu einem 38jährigen Landmanne geholt. Er litt an Ischias
des rechten Beins, durch plötzliche Erkältung des erhitzt gew esenen
Körpers bedingt. Das Uebel war so heftig, dass der sonst kräftige,
starke Mann vor Schmerz oft laut aufschrie, das leidende Bein
fast gar nicht bew’egem konnte, und schon bei dem Versuche
dazu, die lebhaftesten Schmerzen bekam. Besonders qualvoll
waren die Nächte. Der Verf. liess Streifen von Empl. vesic.
ord. unmittelbar unter dem Knie des ergriffenen Beins um das
ganze Glied legen und täglich erneuern, so dass immer ein Pfla
sterstreifen neben dem andern zu liegen kam. Dabei wurde
das kranke Bein in Flanell eingewickelt und zum innerliche»
Gebrauche 6 Unzen Mandelmilch mit 6 Tropfen Kreosot ver-