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IV. Gynäkologie und Pädiatrik.
beugen, während sie mit den Armen denselben unterstützte,
dann brachte er selbst, mit dem linken Beine aufs Bett knieend,
die rechte beölte Hand ein, schob den vorliegenden Körper, so
weit, als es behutsam möglich war, in die Höhe und wendete
mit der linken Öen Catheter an und zwar leichter, als er glauben
konnte. Den Harn liess er satzweise ausfliessen. Er war hochr-
roth und die Quantität bedeutend. Nun konnte er im grossem
Umfange den Körper umgehen, doch entdeckte er keine Spur
vom Muttermunde. Die vorgefasste Meinung begründete sich
also. Während er nun die Linke auf den Leib oberhalb der
Schoossgegend legte, um die Thätigkeit der rechten zu mässi-
gen, schob er mit kräftigem Drucke den Grund des herabge
beugten Uterus von hinten nach vorn über den hervorragenden
Wirbel weg und so stieg denn der Muttermund in den Mutter
gang herab. H. liess nun die Hebamme den jetzigen Stand der
Saclie untersuchen, die über die plötzliche Veränderung nicht
wenig verwundert war. — Die nächste Ursache dieser Retro-
versio lag unstreitig in Schlaffheit der Geschlechtsorgane, na
mentlich der Mutterbänder, durch lang dauernden Fluor albus.
Dieser Mangel aif Turgor sprach sich im ganzen Muskelsysteme
aus und seinetwegen traten Fieber, Entzündung und Geschwulst'
nicht so ein, wie dies wohl bei einem energischen Subjecte der
Fall gewesen seyn würde. Die Nachbehandlung w urde demge
mäss eingeleitet und die Frau, die mit der Schwangerschaft
damals am Ende des 3. Monats war, gebar später zur rechten
Zeit ein gesundes Kind. \Ncue Zeitschr. J. Geburtskunde v.
Busch, (V Outrepoiit v. Bit gen. Bd. IV. Hft. 1.]
243. Völlige Verwachsung der Scheide bei einer
Erstgebärenden; vom Berg- und Salinen-Medicu« Br. Hem-
mek' zu Schmalkalden. Den 5. Jan. 1831, Abends 10 Uhr,
kam H. bei einer Frau an, die sich im Kreissen befand.
Sie hatte wegen Wehen die Nacht schon schlaflos hingebracht.
Nachmittags war die Hebamme geholt worden, die sogleich ärzt
liche Hülfe für nöthig erachtet hatte. Die Kreissende, eine sehr
rüstige, junge Frau von 30 Jahren und, obgleich schon seit 10
Jahren verheirathet, doch Erstgebärende, hatte, als der Verl,
kam, die kräftigsten Wehen, die schon mehrere Stunden ge
währt hatten. Der Kräftezustand war der beste. Der untersu
chende Finger stiess gleich beim Eingänge in die Scheide auf ein
Hinderniss, das denselben in den Scheidenkanal nicht Vordrin
gen liess. Krampfhafte Zuschniiiung dieser Theile war durch
aus nicht vorhanden, sondern das Hinderniss bestand in völli
ger Verwachsung der Wände der Scheide unter sich, wodurch
eine Art von Septutn transversum gebildet w orden war, das den
Weg zum Scheidenkanal ganz versperrte. Während der We
hen spannte sich die widernatürliche Haut an und mit Nachlass
derselben erschlaffte sie. Schob man die dem Gefühle nach
dicke Scheidewand möglichst in die Höhe, so stiess man auf
eitlen Kindestheil und H. überzeugte sich, dass die Geburt bis