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IV. Gynäkologie und Pädiatrik.
gab, mich über das Verhalten dieser Tlieile genau zu unter*
richten , schien es mir, als rage ein ganz feines Spilzchen aus
dem Thränenpunkte heraus. Ohne Weiteres griff ich nach ei
nem Haarpincettchen, juchte die Spitze zu fassen und — zog
eine, einige Linien lange Kornährengranne aus dem Thränen-
puncte. Nach Entfernung derselben schloss die Frau das Auge
ohne jeden Schmerz und hatte später über das Auge auch nicht
die geringste Klage. — Möge dieser Fall denjenigen der Leser,
welche nicht gerade Augenärzte sind, es aber doch nicht umge
hen können, bisweilen sich mit Entfernung fremder, in das Auge
gekommener Körper zu befassen, von Neuem von der Wahr
heit des Ausspruches überzeugen, den geübte Augenärzte wie
derholt getlian haben: dass nämlich das Aufsuchen solcher
fremder Körper oft nicht leicht sey, sondern dass grosse Auf
merksamkeit dazu gehöre, hier zum Zwecke zu kommen.
V. Gynaekologie und Paediatrtk.
242. Rückwärtsbeugung der Gebärmutter bei ei
ner im dritten Monate schwängern Frau; vom Berg- und
Salinen-Medicus Dr. Hemmer zu Schmalkalden. Den 25. Sept.
1820 wurde H. zu einer Bergmannsfrau gerufen, die an
geblich schon 2 Tage kreissen sollte. Als er ins Zimmer trat,
sass eine grosse, 40jährige Frau von starkem Knochenbaue und
mit eingefallenem, scheinbar viel älterem, nicht feinem Gesichte,
Mutter mehrerer Kinder, auf dem Geburtsstuhle und vor ihr
eine gewandte, erfahrene Hebamme, als sollte sie jeden Augen
blick das Kind in Empfang nehmen, doch der kaum wie um
die Hälfte der Schwangerschaft aufgetriebene Leib, die mehrere
Tage ganz verhaltene Urin- und Stuhlausleerung, das anhal
tende Drängen auf den After und die Dauer des scheinbaren
Geburtsactes machten dem Verf. es vor der Untersuchung sehr
zweifelhaft, ob hier von Geburt einer Frucht, sei sie reif oder
unreif, die Rede seyn könne. Mit vorgefasster Meinung von
Retroversio Uteri begann H. die Untersuchung. Als er in die
Scheide einging, fand er einen runden Körper, so gross wie
ein starke* Kindeskopf, der sich jedoch weich anfühlte, dem
Drucke etwas nachgab und den ganzen Muttergang ausfüllte.
So weit er ihn mit den Fingern umging, liess sich kein Mut
termund entdecken. Er suchte nun denselben, um ihn besser
umgehen zu können, in die Höhe zu schieben, da er aber mäs-
siger Gewalt nicht wich, stand der Verf. von weitern Versu
chen ab, ehe er nicht durch Entleerung der Harnblase und des
Darmkanals mehr Platz gewonnen hatte. Da ihm aber ein Catheter
fehlte und seine Wohnung einige Stunden entfernt war, konnte
er erst am nächsten Morgen denselben anwenden. Er liess die
Frau aufs Bett knieen und Oberleib und Kopf vorwärts nieder-