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II. Materia medica und Toxikologie. 45
scheint und besonders, wenn er Individuen befallen hat, die
zu Congestionen und febr)!ischen Reactionen nicht eben stark
disponiren und bei denen da3 Blutgefässsystem nicht eben her
vorstechend entwickelt ist. Das Gesagte belegt M. durch fol
gende Fälle. L) Den 27. Jan. 1835 wendete sich ein 45jäh-
liger robuster Landmann an M. Zu Erkältungskrankheiten ge
neigt, hatte er sich einen starken Rheumatismus zugezogen und
auf eigene Hand einen starken Aderlass sich machen lassen.
Anschwellung, Steifigkeit und Schmerz in allen Gelenken hiel
ten ihn im Bette und bestimmten ihn, ärztliche Hülfe zu suchen,
besonders da er Nachts vor Schmerzen gar nicht schlafen konnte.
Dabei fieberte er, doch nicht sehr, da der kräftige Aderlass
wohl viel zur Verminderung des Fiebers beigetragen haben
mochte. Die Verrichtungen der Unterleibsorgane waren normal.
M. wendete das Kreosot und zwar, wie folgt an: Rec. Emuls.
amygd. §vj. Kreosot, gtt. vj. Sijr. emuls. §/?. M. 1). S. Zwei
stündlich 1 Esslöffel. Auf diese Medicin Hessen die Schmer
zen zwar etwas nach, doch wollten Anschwellung und Steifig
keit in den Gelenken durchaus nicht weichen. Der Verf. stieg
mit dem Kreosot und liess 8 und später 12 Tropfen in 6 Un
zen Mandelmilch nehmen und dabei in der Nähe der meisten
Gelenke Vesicatore legen. Die Schmerzen wurden dadurch al
lerdings gemildert, doch wichen sie nicht ganz. Anschwellung
und Steifigkeit in Knieen, Händen und Füssen aber blieben
nach wie vor. Da Pat. nun das Zutrauen zu diesem Mittel
verloren hatte, sagte M. zwar, dass er ihm ein anderes geben
jwollte, verschrieb ihm aber, da er sich noch immer viel von
[Kreosot versprach, dasselbe in Pillenform nach Rei-ch. Die
Schmerzen legten sich zwar, doch Hessen sich Anschwellung
und Steifigkeit der Gelenke nicht bezwingen und M. musste
daher nun vom Kreosot abstehen, und den Feind mit andern
Mitteln zu bekämpfen suchen. Unter denselben leisteten die
Dover’schen Pulver noch das Meiste, doch dauerte es lange,
ehe Pat. wieder seine Gelenke vollkommen gebrauchen konnte.
iDas Kreosot linderte hier allerdings die Schmerzen, konnte
aber den Rheumatismus nicht ganz bezwingen. Die grosse
Hartnäckigkeit des Uefcels war übrigens Zweifelsohne durch
den starken Aderlass zu Anfänge der Krankheit bedingt wor
den, da kräftiger Aderlass im Rheumatismus den acuten in
einen höchst chronischen verwandelt, die Fälle ausgenommen,
wo sich der Rheumatismus etwa auf innere Gebilde geworfen
hat und dadurch mit schnellem Untergange des Organismus
droht. — 2) Den 2. Febr. 1835 wurde M. zu einem 20jähri-
gen robusten Landmädchen gerufen. Pat. hatte sich vor mehre
ren Tagen, da sie längere Zeit mit nassen Füssen herumgegan
gen war, einen starken Rheumatismus zugezogen. Sie fieberte
lebhaft; klagte über grosse Hitze und Durst, die Haut war
feucht, duftend, alle Gelenke steif, geschwollen, besonders