Full text: (Neueste Folge, Band 2 = 1836, No 9-No 16)

III, Chirurgie und Ophthalmologie, 
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die Augenhöhle ragte. Das Gehirn war blutleer und zeigte 
eben so wenig, als die das Auge umgebenden innern Theile 
etwas Krankhaftes. Ob zwar die Erfahrung lehrt, dass abgeschos- 
sene Kugeln, w enn sie im Laufe auf barte oder elastische Körper 
stossen, ihre gerade horizontale Richtung verlieren und in ei 
nem schiefen Winkel < abgehen, so war doch nicht zu vermu- 
thcn, dass hier die Kugel beinahe rechtwinklicht abgegangen 
sein würde; wäre aber die Kugel gerade gegangen, so musste 
sie nicht allein den grossen Blutbehälter, sondern auch Corpus 
callosum und kleines Hirn verletzen und augenblicklichen t ud 
bedingen. Gerade diesem Zustande ist es zuzuschreiben, dass 
tjie Kugel in schiefer Richtung auf den rechten Theil der Gla- 
belle gerichtet gewesen und im schiefen Winkel abgegangen ist 
und die Verletzung nicht absolut tödtlich wurde. — Fissuren 
des Schädelgrundes sind absolut tödtliche Verletzungen. Hier 
war nicht allein die äussere Tafel dev Pars orbitalis verletzt, 
sondern die Kugel auch noch so eingekeilt, dass sie nur mit 
grosser Gewalt entfernt werden konnte, dessenungeachtet war 
nur momentane Erschütterung entstanden, die bald wieder schwand 
und das Bewusstsein wurde später nicht wieder gestört. Per 
Grund der Tüdtlichkeit zwischen Fissur des Schädelgrundes und 
theilweiser Zerstörung der Pars orbicularis liegt in der gros 
sem Gewalt, welche die Erschütterung erfordert und die nach 
Beschaffenheit des Schädels und dessen Verschiedenheit der 
Dicke und Festigkeit verschieden ist. Die Fissur des Schädel- 
grtindes allein scheint nicht die Ursache der absoluten Tödtlich- 
keit zu sein, sondern die mit der Fisur durch die grosse Ge 
walt eintretende Lähmung der aus dem Gehirn vortretenden 
Nervenstämme. Hieraus ergiebt sich, warum kleine Fissuren 
und Brüche wegen ihrer geringen Gewaltthätigkeit oft gar keine 
Folgen haben. Blutextravasat scheint sich nach Aussage des 
Verletzten nicht gebildet zu haben und wäre es auch vorhan 
den gewesen, so würde es, vermöge des freien Ausflusses, nicht 
von Folgen gewesen sein. Am ersten war hier Entzündung 
der Hirnhäute und des Hirns zu fürchten; wahrscheinlich aber 
ist die grosse Aufmerksamkeit, welche man auf den Verwun 
deten verwendete und die antiphlogistische Methode die Ursache, 
dass sie nicht bedeutend wurde. Dass die Entzündung oft wie- 
ki-hrte, beweisst wohl die Dicke der Hirnhäute. Dass diese 
so bedeutende Verletzung keiue Exulceration an der Pars orbi- 
ciilaris bedingte, die, wenn sie eintrat, den Tod herbeigeführt 
hätte , j s t allerdings merkwürdig. Auch in Bezug auf die ge 
richtliche Medicin ist die Verletzung von grosser Bedeutung, 
indem es sich unter diesen Umständen deutlich ausspricht, dass 
Verletzung der Pars orbicularis mit Zerstörung des Proc. jal- 
cijormis und der Crista galli nicht absolut tödtlich ist und 
dass fremde Körper ohne grosse Störung der Gesundheit viele 
«Jahre eingekeilt in der Pars orbicularis verbleiben können.
	        
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