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III. Chirurgie und Ophthalmologie.
täglich etwas Gehirn ab und es hatte sich nun zwischeu die bei
den Knochenränder ein bedeutendes Stück vom grossen Gehirn,
so viel wie eine Pflaume gedrängt. Dessen ungeachtet kehrte
das Bewusstrein immer inehr und mehr zurück und auch die
krankhafte Reizbarkeit verlor sich. Am 13. erschien das her
vorgedrängte Hirn kleiner und Schlaf, Esslust und regelmässige
Oeflnung kehrten zurück. Bis zum 18. war ungefähr 1 Unze
Gehirn abgeflossen und Pat. klagte über die Kopfwunde gar
rieht, wohl aber über den Bruch des Schlüsselbeins. Der Puls
war klein, häulig und Pat. matt, abgespannt, weshalb sie Chi
nin, sulph. erhielt. Am 20. bemerkte man Zunahme der Krälte
und alle Verrichtungen gingen regelmässig vor sich. In Bezug
auf die Kopfwunde bemerkte man Folgendes: I) von dem
vorgetretenen Hirntheil liess sich täglich 1 ohne Schmerz
wegnehmen. Betrachtete man die vorgefallene Partie genau,
so nahm man nicht nur die Bewegung des Hirns, sondern auch
das Pulsiren zweier kleiner Arterien genau wahr. 2) Zwischen
den Knochenrändern zeigte sich von der Tiefe aus frische Gra
nulation. Am 22. kehrte das Rückerinnerungsvermögen, das
bis dahin geschwiegen, ganz wieder. Am 26. sah man, dass
das hervorgetretene Gehirnstückchen immer kleiner geworden
und das Pulsiren der Arterien nicht mehr zu bemerken war.
Die Heilung der Wunde schritt immer weiter vor und schon am
28. war das Befinden der Verletzten so gut, dass sie hätte
kleine häusliche Geschäfte vornehmen können. Am 60. Tage
nach der Verletzung wurde das losgetrennte Knochenstück, das
so gross, wie ein Groschen aber zackig war, weggenommen,
worauf die Heilung bald erfolgte, so dass die schwer Verletzte
am 76. Tage nach der Verletzung ganz geheilt entlassen wer
den konnte. Im October verrichtete sie ohne alle Beschwerde
ihren Dienst wieder. [Clarus's u. Radius’s Beilr. s. pract.
HciR'. Bd. III. Hft. 2.]
234. Geheilte schwere Kopfverletzung vom Kreis-
Physikus Dr. Schueler in Stargard. Ein 9jährige,s Mädchen
fiel rücklings 12 Stufen der Treppe hinab gegen eine scharfe
Mauerecke. Sie blieb 8 Stunden bewusstlos, dann kehrte das
Bewusstsein wieder, 10 Stunden nach dem Fall fand Si ein
Stück aus dem breiten Theile des Hinterhauptbeins, 2i- Z. im
Durchmesser, fracturirt und eingedrückt. Nach 5 Wochen ging
das Mädchen wieder umher. [Cuspcr’s JVochenschr. f. d. gcs.
Heilkunde 1836. Nr. 29.]
235. Seltene Kopfverletzung; vom M. R. Dr.
11avKe in Breslau. Der vor einigen Monaten verstorbene Ritt
meister v. R*. in O. wurde als junger Offizier 1813 bei Culm
durch eine Gewehrkugel am Stirnhein so verwundet, dass er
im Augenblick bewusstlos vom Pferde sank, l^ach der Schlacht
wollten seine Cameraden den Leichnam nicht berauben lassen
und legten ihn daher beim Abmarsch quer über das Pferd.