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II. Matena medica und Toxikologie.
Die Zufälle hatten bei dem Kinde sich allmählig sehr gestei
gert. N. hielt das Hebel für Darmentzündung in Folge einer
Vergiftung durch den Käse und verordnete Blutegel, erweichen
de Umschläge auf den Unterleib, erweichende Klystiere und
innerlich Oeleinulsion und schleimige Getränke. Wiewohl
Nachts das Kind ruhiger geworden war, so fand N. am näch
sten Morgen die Symptome einer Hirnentzündung und verord
nete Blutegel an die Schläfe, Eisumschläge auf den Kopf und
liess, da keine Oeflnung erfolgt war, der Emulsion Ricinusöl
zusetzen. Gegen Abend setzte man nochmals Blutegel an die
Schläfe, doch das Rind starb noch an demselben Tage. Bei
der Section am 12. Jan. fanden sich als Hauptergebnisse Blut-
anfüllung der Gefässe des Magens in der Gegend der grossen
Curvatur und an der hintern Wand des Magens stark geröthete
und in der Gegend der Cardia fast brandige Stellen, so dass
hier bei der leisesten Berührung ein Riss entstand. Die innere
Wand des Magens war sehr mürbe und leicht zerreissbar, be
sonders in der Gegend der Cardia. Vom Käse selbst war, so
'vie vom Erbrochenen, zur Zeit der Section nichts mehr aufzu
finden, auch nichts aulbewahrt worden. Blagen, Duodenum
und die übrigen Därme mit ihrem Inhalte wurden vo m Apo
theker Chainbalu sorgfältig chemisch untersucht, wobei sich er
gab, dass weder schädliche Gasarten, noch giftige Pflanzen,
Weder Blausäure, Morphin, oder ein anderes Alkaloid, noch
Metalle oder mineralische Säuren eingewirkt hatten. Dagegen
fand sich eine Säure von rein organischer Natur vor, die viel
leicht das im Käse enthaltene Käsegift und die wahrscheinliche
Ursache der Vergiftung war. [Med. Zeit. v. Vereine f% Heillc.
in Pr. 1836. Nr. 30.]
232. Intoxicatione s; vom Prof. I)r. A. Bl. Hornung
zu Salzburg. I. Eine Säuferin, 28 Jahre alt, kräftiger Consti
tution und cholerischer Gemüthsart, verschluckt eine Pille, die
eine Drachme weissen Arsenik enthielt und'zur Vertilgung der
Ratten bestimmt war. Bald hierauf stellte sich grosse Uebel-
keit, schmerzhaftes Brennen und Zusammenschnüren des Ma
gens und Schlundes ein. Patientin erbrach das zuvor genossene
Frühstück und einen Theil der gekauten und verschluckten
Pille, das Erbrechen hielt an, im Blunde, Schlunde und in
der Speiseröhre brannte es heftig; die Blagengegend wurde
schmerzhaft, der Unterleib aufgetrieben und Patientin verlor das
Bewustsein. Dieses kehrte jedoch zurück, nachdem durch ein
Brechmittel aus Ipecacuanha und laue Milch noch ein Stück
chen Arsenik zu Tage gefördert war; der früher kaum fühl
bare Puls wurde beschleunigt, härtlich und ungleich. Durch
Application von Blutegeln, Schröpfköpfen und erweichenden Ca-
japlatns mit Senfniehl wurde die Empfindlichkeit des Unterlei
bes einigermassen gemindert, aber später stellten sich Aufstossen,
Erbrechen, Blagenw eh etc. wieder ein. Venäsection, Mixtura