Full text: (Neueste Folge, Band 2 = 1836, No 9-No 16)

II. Materia medica und Toxikologie. 
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Wasser lind Milch und zuletzt, bei wieder reichlicherem Ab 
gänge von Jauche und Blut, aus einer Lösung des Extracts 
der grünen Wallnussschaalen in Kalkwasser gemacht. War 
n un auch die Verdauung so, dass die Milch den Magen wenig 
belästigte, nahmen dabei selbst die Fiebererregungen und die ört 
lichen Zufälle ab, so wurden denn doch die Blutungen end 
lich wieder so bedeutend, dass Paliiativhülfe zur Indicaiio vi~ 
tulis wurde und jeder andern vorzuziehen war. Man musste 
daher, sobald es nur die Umstände wieder zuliessen, zur etwa 
möglichen Bekämpfung des Grundübels energischer verfahren. 
Doch durften die ersten Eingrilfe nicht stürmisch geschehen, um 
nicht Pat. gleich vom Anlange in Krieg mit Arzneikrankheiten 
zu verwickeln, der hier nur Unheil hätte stiften können, son 
dern es handelte sich darum, langsam zwar, doch ohne Umwege, 
auf das Uebel loszugehen und es täglich zu vermindern. Hier 
zu schien vor Allem ein Mittel passend, das, der ganzen In 
dividualität des Falles mehr entsprechend, sich lange fortneh 
men liess und das, durch allmählige Steigerung der Gabe, im 
mer jenen passenden Zuschuss von Heilkräften erhielt, der ein 
Gewöhnen daran, eine Abstumpfung dafür verhinderte. Ob 
gleich nun M. recht gut wüsste, dass man den Schierling, so 
wie manchem andern Mittel, Wunderkräfte aufgeheftet hat, so 
Wählte er dennoch nur ihn. Zunächst liess er 2 granige Pil 
len bereiten aus gleichen Theilen des Extracts und der Herb. 
Conii maculati und fing mit einem Verfahren an, was man 
Wohl eigentlich eine Schierlingscur nennen kann: Pat. erhielt 
nämlich zuerst Früh und Abends eine Pille, am 3. Tage ward 
mit noch einer gestiegen und diese alle Mal auf den dritten Tag 
fallende Steige.ung der Gaben liess M. fortdauern, bis täglich zwei 
Mal 29 Pillen, mithin überhaupt 116 Gran Schierling auf den 
Pag genommen wurden. Kur Ueberw'ältigung aller Reactions- 
kraft, immer grösseres Sinken und Langsamerwerden des Pulses 
gänzliches Verfallen, immer livideres und hohläugigeres Aussehen, 
Wahre Schierlingsdyspepsie mit intercurrenten Durchfällen, im 
merwährende Schlafsucht, Spuren von klonischen uud toni 
schen Krämpfen und andere Zeichen einer überhand nehmen 
den Karkose — forderten jetzt dringend, das Mittel w egzulas 
sen. Der heilsame Erfolg dieser Behandlung, die M. oft Mühe 
hatte, ununterbrochen durchzuführen, zeigte sich sehr bald, 
denn das örtliche Uebel wurde während derselben nach und 
nach so gebändigt, dass selbst sein Sekret, die Jauche, milder 
’.v urde, der carcinomatöse Gestank derselben sich verlor und die Blu 
tungen immer seltener, ja endlich geringfügig w urden. Mit den 
oben erwähnten Injectionen, die man während dieser Cur kei 
neswegs vernachlässigte, fuhr man auch jetzt noch fort und 
nächstdem gab man der sehr erschöpften Kranken nun allmäh- 
hg das .wässrige Chinaextract mit Phosphorsäure in passenden 
»elukeln. Die Kranke erholte sich dabei sichtlich, konnte bald
	        
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