II. Materia medica und Toxikologie.
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Wasser lind Milch und zuletzt, bei wieder reichlicherem Ab
gänge von Jauche und Blut, aus einer Lösung des Extracts
der grünen Wallnussschaalen in Kalkwasser gemacht. War
n un auch die Verdauung so, dass die Milch den Magen wenig
belästigte, nahmen dabei selbst die Fiebererregungen und die ört
lichen Zufälle ab, so wurden denn doch die Blutungen end
lich wieder so bedeutend, dass Paliiativhülfe zur Indicaiio vi~
tulis wurde und jeder andern vorzuziehen war. Man musste
daher, sobald es nur die Umstände wieder zuliessen, zur etwa
möglichen Bekämpfung des Grundübels energischer verfahren.
Doch durften die ersten Eingrilfe nicht stürmisch geschehen, um
nicht Pat. gleich vom Anlange in Krieg mit Arzneikrankheiten
zu verwickeln, der hier nur Unheil hätte stiften können, son
dern es handelte sich darum, langsam zwar, doch ohne Umwege,
auf das Uebel loszugehen und es täglich zu vermindern. Hier
zu schien vor Allem ein Mittel passend, das, der ganzen In
dividualität des Falles mehr entsprechend, sich lange fortneh
men liess und das, durch allmählige Steigerung der Gabe, im
mer jenen passenden Zuschuss von Heilkräften erhielt, der ein
Gewöhnen daran, eine Abstumpfung dafür verhinderte. Ob
gleich nun M. recht gut wüsste, dass man den Schierling, so
wie manchem andern Mittel, Wunderkräfte aufgeheftet hat, so
Wählte er dennoch nur ihn. Zunächst liess er 2 granige Pil
len bereiten aus gleichen Theilen des Extracts und der Herb.
Conii maculati und fing mit einem Verfahren an, was man
Wohl eigentlich eine Schierlingscur nennen kann: Pat. erhielt
nämlich zuerst Früh und Abends eine Pille, am 3. Tage ward
mit noch einer gestiegen und diese alle Mal auf den dritten Tag
fallende Steige.ung der Gaben liess M. fortdauern, bis täglich zwei
Mal 29 Pillen, mithin überhaupt 116 Gran Schierling auf den
Pag genommen wurden. Kur Ueberw'ältigung aller Reactions-
kraft, immer grösseres Sinken und Langsamerwerden des Pulses
gänzliches Verfallen, immer livideres und hohläugigeres Aussehen,
Wahre Schierlingsdyspepsie mit intercurrenten Durchfällen, im
merwährende Schlafsucht, Spuren von klonischen uud toni
schen Krämpfen und andere Zeichen einer überhand nehmen
den Karkose — forderten jetzt dringend, das Mittel w egzulas
sen. Der heilsame Erfolg dieser Behandlung, die M. oft Mühe
hatte, ununterbrochen durchzuführen, zeigte sich sehr bald,
denn das örtliche Uebel wurde während derselben nach und
nach so gebändigt, dass selbst sein Sekret, die Jauche, milder
’.v urde, der carcinomatöse Gestank derselben sich verlor und die Blu
tungen immer seltener, ja endlich geringfügig w urden. Mit den
oben erwähnten Injectionen, die man während dieser Cur kei
neswegs vernachlässigte, fuhr man auch jetzt noch fort und
nächstdem gab man der sehr erschöpften Kranken nun allmäh-
hg das .wässrige Chinaextract mit Phosphorsäure in passenden
»elukeln. Die Kranke erholte sich dabei sichtlich, konnte bald