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472 L Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
von Dr. Hacker in Leipzig. Calderini, Arzt der Syphiliti
schen im grossen Hospitale zu Mailand, legt in seinem Werke
(Prospetto clinico sopra le malattie veneree etc. Milano 1835)
den venerischen Krankheiten eine entzündliche Diathese des
Blutes zu Grunde, und sieht seine Annahme, ausser durch an
dere Momente, durch den grossen Nutzen, welchen der Ader
lass dagegen schafTt, und durch die criista inj!ammal oria, wo
mit das gelassene Blut gewöhnlich bedeckt ist, auffallend be
stätigt. Die Entzündungshaut soll nach ihm im Durchschnitt
sehr dick und hart seyn, so dass ein französischer Arzt, wel
cher des Verfs. Krankensäle besuchte, erklärte, noch in kei
nem Lande eine ähnliche Bluthaut gesehen zu haben, als in
der Lombardei. Wenn es nun wohl wahr ist, dass das Klima
Italiens mehr noch, als dasjenige von Frankreich, eine phlogi-
stische Beschaffenheit des Blutes begünstigen mag, so Missen
wir doch, dass selbst in nocli heissern Ländern, nach Döllin-
ger sogar in Rio-Janeiro, ein solcher nicht erforderlich wird,
dass die Syphilis daselbst im Gegentheil so gelind verläuft,
dass sich die Neger ihre Chanker durch die äussere Anwen
dung von Kupfervitriol vertreiben, und dies, wenn sie nur
nachher einige Laxanzen brauchen, ohne sich secundären Symp
tomen auszusetzen, thun dürfen; anderer Seils nimmt man in
den grossen Hospitälern Deutschlands, wj> man sich der nicht
mercuriellen Behandlung bedient, meist nur zu Mittelsalzen, zu
Aderlässen aber, besonders zu wiederholten, selten, und zwar
in der neuern Zeit noch weniger, als früher, seine Zuflucht, was
man wahrscheinlich, hätte man auch bei uns häufig eine Ent
zündungshaut gefunden, nicht gethan haben würde. Trotzdem
beschloss ich, sobald sich mir zu dieser Erörterung eine geeig
nete Gelegenheit bieten würde, den Versuch zu wiederholen.
Sie fand sich bald; ich liess in den 2 Sommermonaten Juni und
Juli 2 syphilitischen Hämorrhoidarien, deren einer seit 14 Tagen
an einem syphilitischen Geschwür, welches er sich unwillkür
lich auf dem Arm eingeimpft hatte, und deren anderer seit 4
Wochen an einem ähnlich grossen Geschwür der Vorhaut litt,
zur Ader, und fand bei beiden, namentlich dem erstem, eine
sehr dicke Entzündungshaut. Es sind dies nur 2 Beispiele,
welche deshalb nicht viel beweisen, aber wohl bestimmen sie
mich, und dürften vielleicht auch Andere veranlassen, über die
sen Umstand fernere Erfahrungen zu sammeln. Einstweilen
muss ich mich jedoch aller w eitern Expositionen enthalten. — An
langend die besondere Beziehung des venerischen Giftes zu den
Geschlechtstheilen, so war sie mir eben so wenig vorgekommen,
hierüber sollte ich jedoch sehr bald einen Beleg erhalten. Obi
ger Hämorrhoidarius, dessen interessante Krankengeschichte ich
später mittheilen werde, bekam nach 14tägigem Bestehen des
Armgeschw ürs, trotzdem, dass er sich einer anderartigen An'
steckung seit 5 Jahren durchaus nicht ausgesetzt hatte, unweit