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V. Gynäkologie und Pädiatrik.
nachten, \vo die Frau, ihrer Rechnung zu Folge, ihrer Entbin
dung entgegen sah; aber die trunkene Hebamme wollte wieder
kein Zeichen der bevorstehenden Geburt finden, behauptete im
mer noch, die Frau irre sich und verliess sie nach 2} Tagen,
obwohl die Rindesbewegungen deutlich am Unterleibe zu sehen
und zu fühlen waren, mit der Erklärung: sie sei behext und
Alles sei vergeblich, denn sie müsse sterben; noch 14- Tag
lebte das Kind und starb muthmasslich unter den heftigsten
Bewegungen Abends 11 Uhr ab, denn nach der Zeit fühlte die
Frau nie wieder Bewegung; sie litt fürchterlich, schrie wie
eine Verrückte und musste 3 Stunden lang im Bett festgehalten
Werden, der zum Bersten gespannte Unterleib war äusserst em
pfindlich; nachdem sie 8 Wochen so zugebracht, zog man ei
nen Arzt zu Rathe der vorgab, nichts leisten zu können, weil
er zu spät gerufen worden; nach einem von ihm angestell-
ten exploratio per vaginam, wobei er mit der Hand nicht
hatte hinauf kommen können, ging ein grosser Klumpen, den
man für einen Theil der Nachgeburt hielt, und nach einigen
verordneten Tropfen, 3 Tage lang Blut von ihr ab; nach 5
Wochen konnte sie wieder das Bett verlassen und im Frühjahr
sogar ausgehen, wurde aber dabei sehr dickleibig; ein Vier
teljahr nachdem die Frucht abgestorben war, erschien
die Menstruation wieder und floss fortan regelmässig, jedes Mal
etwa 3 bis 4 Tage; im Sommer 1828 und während des folgen
den Winters war die Frau sehr schwach und kränkelte, erholte
sich aber im Sommer 1829 wieder so weit, dass sie häusliche
Geschäfte besorgte; ein anderer Arzt, den sie nach 1^- Jahren
consultirte, glaubte bei der äussern Untersuchung die Frucht zu
fühlen, eine sehr genaue exploratio per vaginam gab kein Re
sultat; er verordnete ihr, da er sie nicht ohne Noth einer ge
fährlichen Operation aussetzen wollte, Arzneien, wonach die
Frucht angeblich verfaulen und stückweise abgehen sollte; ein
dritter bald darauf befragter Arzt verordnete nichts; obgleich
der Leib dick blieb, besserte sich doch ihr Zustand, sie arbei
tete und ging ziemlich weit ohne Beschwerde; im Frühjahr
musste sie abermals das Bett hüten, sie bekam Schmerzen im
rechten Ohr, worauf 10 Wochen lang viel Wasser ausfloss,
dann erholte sie sich wieder. Nun bildete sich in der Nabel
gegend eine Beule in der Grösse eines Gänseeies, die nach Auf
legung eines Pechpflasters sich am 15. Juni öffnete, und viel
gelbes Wasser ohne üblen Geruch ergoss, wonach der Bauch
zwar zusammenfiel, sich aber durch neue bedeutende Wasser
ansammlung bald wieder vergrösserte, bis die Oeffnung durch
eine Salbe zuheilte; nach 6 Wochen brach aber dieselbe Stelle
■wieder auf und ergoss dickes, stinkendes Wasser in unerschöpf
licher Menge; dennoch blieb der Leib dick; am 26. Sept. sah
S1 e K. zum ersten Male; das Zimmer war mit übelriechender
Luft erfüllt, die Pat, lag bleich und matt, aber nicht abgezehrt,