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IV. Chirurgie und Ophthalmologie.
entfernte Wohnung, konnte aber später das Glied nicht mehr
aufheben und abduciren. Eine Frau, der man Boyer’sEx-
tensionsapparrat angelegt hatte, hob nach 14 Tagen das Glied
mit dem Apparate in die Höhe. Eine dritte ging, gestützt auf
einen Stock, täglich zu dem einige Schritte von ihrem Lager
entfernten Leibstuhl. Bei diesen dreien fand H. Fractur mit
Einsenkung in die Trochantermasse. — Fasst man alles dies
kurz zusammen, so möchte in Bezug auf die Schenkelhalsfra-
ctur, nämlich wenn man eine solche und keine andere Verle
tzung im gegebenen Falle vor sich zu haben glaubt, Nachste
llendes die Diagnose etwas erleichtern: ist das Glied beträcht
lich verkürzt, fällt es nach aussen, so, dass der äussere Fuss-
rand das Lager berührt, so wird Fractiur ausserhalb des
Kap sei band es bestehen. Ist das Glied weniger verkürzt,
fällt es, besonders kurz nach der Verletzung, nicht viel nach
aussen und ragt der Trochanter nicht weniger hervor, als an
der gesunden Seite, so wird Fractur innerhalb des Kap
selbandes bestellen. Ist endlich das Glied wenig verkürzt,
wenig oder gar nicht nach aussen gerichtet und ragt der grosse
Trochanter weniger hervor, als an der gesunden Seite, so wird
Fractur mit Einsenkung des abgebrochenen Halses
in die Masse des grossen Trochanters bestehen. — Was
die Behandlung im Allgemeinen anlangt, so wird es am besten
seyn, sich, nach Boy er, in allen zweifelhaften Fällen so zu
benehmen, als fände sich Fractur vor , zumal da die Behand
lung der Fractur des Schenkelhalses, des Pfannenbodeus und
der Contusion der ums Hüftgel?lenk gelagerten Muskeln rück
sichtlich der Lagerung des verletzten Gliedes fast eine und die
selbe seyn können. Wenn nun Lagerung des verletzten Glieds
auf doppelt geneigter Fläche, nach Sautter, Major, Cooper,
Ch. Bell, Earle, Dupuytren, llicherand u. A. für alle
Fälle, bei denen die Diagnose nicht ganz sicher ist, als die
passendste erscheint und selbst bei völliger Gewissheit einer
Schenkelhalsfractur, die Fälle mit bedeutender Verkürzung des
Glieds ausgenommen, allen Anzeigen entspricht, -wenn man
nach Cooper bei Fracturen innerhalb des Kapselbandes das
Knie w eniger gebogen hält, indem dadurch die Adductoren, die das
Nachaussenfallen des Gliedes bewirken, erschlafft w'erden, die Wir
kung der Glutäen, die den Trochanter nach oben ziehen, aufgehoben
wird und dabei diese Lage des Glieds weit weniger beschwer
lich ist, als die von Dessault, Boyer, Brünninghausen,
Hagedorn u. v. A. angegebenen Contentiv- und Extensions
apparate, die zum Theil wahre Torturen sind, die Verkürzung
der Extremität doch nicht immer Verhüten und, wegen der dabei
uöthigen horizontalen Lage des ganzen Körpers, bei Engbrü
stigen gar nicht anzuwenden sind, so ist Lagerung des Gliedes
auf doppelt geneigter Fläche bei Fractur mit Einsenkung in die
Masse des Trochanters um so mehr geeiguet, indem man hier