38 I, Pathologie, Therapie und mediciniäche Klinik.
Leidenschaft im Herzen. Der Gegenstand ihrer Liebe nahet
sich ihr mit raschen Schritten und sie sieht sich wider Erwar
ten schnell am Ziele ihrer heissesten Wünsche. Des neuen
Glückes sich kaum bewusst, schwelgt die Verlobte im Entzük-
ken nie gekannter Seligkeit. Aber plötzlich und schnell, wie
sie es empfangen, verliert sie dieses Glück: der Verlobte wen*
, det sich von ihr und verlässt sie auf eine demüthigende Weise
und zu einer Zeit, wo sie ihre Katamenien erwartet. So ar
gen und rasch auf einander folgenden Gemüthsstürmen vermag
ihre Gesundheit nicht zu widerstehen, am Abende dieses un-
heilschwangern Tages rieselt Frost durch ihre Adern und bald
drohet eine brennende Hitze ihren Körper zu verzehreu. Pat.
delirirt die ganze Nacht und früh um 4 Uhr bekommt sie Blut
speien. Das Blut war schaumig, schien aus den Arterien zu
kommen, wurde theils ausgeräuspert, theils ausgehustet und
war theils mit dem Auswurfe vermischt, theils rein, es kam
weder aus der Mund-, noch aus der Rachen- und Nasenhöhle,
auch nicht aus dem Schlunde und Magen, sondern aus der
Lunge und zwar, dem Gefühle der Kranken und dem Gerassel
gemäss, aus dem obern Theile der rechten Lunge. — Dem
Pulse nach war eine Plethora nicht im Spiele, aber das Gefäß
system war aufgeregt. Zur Unterdrückung des gefährlichen
Symptoms, des Blutspeiens, gab ich eine massige Lösung von
.Alaun und Liquivitie - Saft. Bis Mittag hatte Pat. etwa 4 Un
zen Blut ausgeworfen, allein jetzt kam blos durch Husten noch
röthlich gefärbter Schleim, und bis gegen Abend waren alle
Sparen von Rlut in dem AuswUrfe verschwunden und der Puls
v 'ar ruhiger, als bisher; allein des Morgens um 4 Uhr kehrte
äia Pneumonorrhagie zurück, eben so stark und unter densel
ben Verhältnissen, wie gestern. Man hatte jene Arzneisolution
wieder gereicht, das Blut verminderte sich im Verlaufe des
Vormittags und verschwand um Mittag. Der Puls war den
Nachmittag und Abend weniger beschleunigt, als er des Mor
gens gewesen'; der Appetit war diesen Tag mässig, der Durst
stark, die Leib>?söfFuung in Ordnung; übrigens, bis auf ein
Gefühl von Mattigkeit, nichts zu bemerken. Den dritten Mor
gen um 4 Uhr, nach einer ziemlich ruhig durchschlafenen Nacht,
erwacht Pat. unter Hunten, Frostgefühl und Blutspeien: die
schon 2 Mal dagewesp£»e Scene wiederholt sich zum dritten
Male und erinnert mich ß« ein Wechselfieber, die sich auch
in diesem Frühjahre bei un& wieder sehen Hessen. Unmöglich
konnte es für ein gefährliches! Wagstück angesehen werden, in
diesem Falle Chinin zu geben; die Periodicität des Uebels lud
dazu ein; die Schwäche der Krat'ken erlaubte es wenigstens,
der Verdacht auf ein verkapptes Wechselfieber rechtfertigte es,
und die Gefahr des Blutspuckens, wyenn dieses dadurch unter
drückt werden konnte, erforderte es. Bis Abends 9 Uhr wa
ten 6 Gran Chinin consumirt. Pat. scijlief die Nacht ruhig,